Schaffhauser Nachrichten: Affentheater, Gefasel und grüne Themen

Rund 60 Gäste verfolgten das Gespräch zwischen Sandro Stoll (stehend), Hannes Germann und Doris Kleck (Bild Selwyn Hoffmann).
Rund 60 Gäste verfolgten das Gespräch zwischen Sandro Stoll (stehend), Hannes Germann und Doris Kleck (Bild Selwyn Hoffmann).

Am Silvesterhock des Pressevereins sprach Hannes Germann über den Wahlherbst 2011, der für den Schaffhauser Ständerat hervorragend, für die SVP Schweiz dagegen mit einer Schlappe endete.

Von Martin Schweizer

Rund 60 Gäste verfolgten das Gespräch zwischen Sandro Stoll (stehend), Hannes Germann und Doris Kleck (Bild Selwyn Hoffmann).
Rund 60 Gäste verfolgten das Gespräch zwischen Sandro Stoll (stehend), Hannes Germann und Doris Kleck (Bild Selwyn Hoffmann).

Der im Herbst erneut mit einem Glanzresultat wiedergewählte Ständerat Hannes Germann nahm im «Alten Schützenhaus» auf der Breite kein Blatt vor den Mund. Die von Sandro Stoll, dem Präsidenten des Pressevereins, zum traditionellen Silvesterhock begrüssten Mitglieder des Schaffhauser Pressevereins schienen bisweilen ihren Ohren nicht zu trauen – wie kaum zuvor in den letzten Wochen sprach hier ein prominenter Vertreter der SVP offen, selbstkritisch und ungeschminkt über die Defizite der eigenen Partei, die letztlich in einem bösen und einer Volkspartei unwürdigen Debakel bei den Bundesratswahlen endeten.

Im Gespräch mit Inlandredaktorin Doris Kleck und in einer anschliessenden Diskussionsrunde erwies sich der unter seinen ehemaligen Berufskollegen wohlig aufgehobene SVP-Politiker und vormalige Journalist ganz und gar nicht als Schönredner; seine Partei, erklärte er dediziert, habe bei den Wahlen sowohl in die eidgenössischen Räte als auch in den Bundesrat jeden Fehler gemacht, den man überhaupt machen könne. Mehr noch: Bei der Bundesratswahl inszenierte die SVP laut Germann geradezu ein «Affentheater». Anders als die mit Berset und Maillard gut auf die Bundesratswahl vorbereitete SP habe die SVP fahrig und völlig unglaubwürdig agiert – nach aussen wie nach innen. So sei beispielsweise offenkundig gewesen, dass die Parteispitze die (dann schmählich abverheite) Kandidatur Zuppiger, aus welchen Gründen auch immer, gegen ihn, Germann, gerichtet habe. Zweifelhaft blieb auch bis zuletzt, ob ein Teil der Fraktion einen zusätz- lichen SVP-Sitz überhaupt anstrebte. Dass der Schaffhauser selbst nicht in die engere Wahl gekommen war und damit gar hätte Bundesrat werden können, wurmt ihn (und seine Familie) rückblickend nicht, er schaut jetzt nach vorn und freut sich auf andere Aufgaben, so etwa auf das Präsidium der Aussenpolitischen Kommission, wo unter anderem das wichtige EU-Dossier behandelt wird. Der Silvesterhock des Pressevereins war diesmal politisch besonders ergiebig, denn man erfuhr auch aus erster Hand: Nach der für die SVP verunglückten Bundesratswahl wollten innerhalb der Partei die gleichen «Königsmacher» sehr konkret Ueli Maurer zum Rücktritt bewegen und aus dem Bundesrat kippen, was aber – aus Sicht Germanns – glücklicherweise fehlschlug; neue, junge wie alte Kräfte haben es offensichtlich satt, nur nach den Pfeifen einiger Hardliner zu tanzen. Hannes Germann glaubt überdies, das Volk halte nichts mehr von der immer wieder aufgewärmten SVP-Opposition, man habe von diesem «ewigen Gefasel» im Gegenteil genug; die Oppositionsrolle passe auch gar nicht zum politischen System in der Schweiz. Die SVP müsse verlässlich in den Grundwerten sein, das Erfolgsmodell Schweiz hochhalten, sich aber entschieden «breiter aufstellen», Kooperationen mit andern Parteien suchen und eingehen und von der «knallharten» Linie und der ominösen «Dunkelkammerstrategie» endlich abrücken. Die grünen Themen zum Beispiel habe die Partei in der Vergangenheit total verschlafen, wer das weiterhin tue, habe keine politische Zukunft. Hannes Germann hätte wohl nicht ungern mit dem Freisinnigen Christian Heydecker im Ständerat politisiert, die Zusammenarbeit mit dem parteilosen Ständerat Thomas Minder klappe bisher aber, so Germann, «recht gut». Im Übrigen habe er, Hannes Germann, gelernt, zuzuhören und selber zu denken. Und in Bern wolle er sich weiterhin primär für die Interessen des Standes Schaffhausen einsetzen. Dafür und für seine freimütigen, schlagfertigen und auch witzigen Ausführungen bekam der Ständerat im «Schützenhaus» von allen anwesenden Medienleuten kräftigen und anhaltenden Beifall.