Schaffhauser Nachrichten: Gerechte Steuerabzüge für Aus- und Weiterbildung

von Hannes Germann

Am nächsten Dienstag befindet der Ständerat über eine ganze Reihe von Vorstössen und Initiativen, die alle in Richtung einer Verbesserung bei den steuerlichen Abzügen von Aus- und Weiterbildungskosten zielen. Materiell wollen freilich nicht alle dasselbe. Die Standesinitiativen der Kantone St. Gallen und Glarus fordern die Wiedereinführung von Ausbildungsabzügen im Gesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) sowie in dem für die Kantone und Gemeinden relevanten Steuerharmonisierungsgesetz (StHG). Andere wollen eine gerechtere Behandlung von Weiterbildungskosten. In der gegenwärtigen Steuerpraxis kommt es immer wieder zu Abgrenzungsproblemen. Am schwierigsten ist die Beurteilung dessen, was Gewinnungskosten sind. Konkret stellen sich etwas vereinfacht ausgedrückt immer wieder die folgenden beiden Fragen: Ist eine Aus- oder Weiterbildung lediglich zum Erhalt der ausgeübten unselbständigen Tätigkeit notwendig – und damit abzugsfähig? Oder qualifiziert sie zum beruflichen Aufstieg – und ist damit nicht abzugsfähig? Zum Beispiel jemand macht einen Buchhaltungskurs oder eine Sprachausbildung. Hier gilt es dann zu differenzieren. Liegt ein Berufsaufstieg drin, sind die Kosten nicht abzugsfähig, sonst schon Unter diesen Prämissen verwundert es kaum, dass der Vollzug in den Kantonen alles andere als im Sinne des StHG «formell harmonisiert» ist. In einigen Kantonen werden die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung in einem Kreisschreiben erlassenen Ausführungsbestimmungen gar nicht erst angewendet, in anderen dagegen sehr restriktiv. Ein unbefriedigender Zustand.

In Anbetracht der Bedeutung von Aus- und Weiterbildung in unserer Wissensnation ist Remedur nötig. Das jedenfalls strebt die Mehrheit der Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerates an. In einer Kommissionsmotion wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament eine Vorlage betreffend Änderung des DBG und des StHG zu unterbreiten. Zweck der Vorlage ist es, die beruflich veranlassten Aus- und Weiterbildungskosten nach dem Verfassungsgrundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu behandeln. Mit den drei nachfolgenden Eckpunkten versucht die WAK-Mehrheit, den berechtigten Grundanliegen der verschiedenen Vorstösse so gut wie möglich Rechnung zu tragen. 1. Beruflich veranlasste und vom Steuerpflichtigen getragene Aus- und Weiterbildungskosten sind abzugsfähig. Beruflich veranlasst sind Bildungskosten, die dem Erhalt oder der Erweiterung der bisher ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit dienen (Berufsaufstieg) oder die zu einer neuen oder wiederaufgenommenen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit qualifizieren (Umschulung, Wiedereinstieg). 2. Für den Abzug ist eine betragsmässige Obergrenze vorzusehen. 3. Nicht abzugsfähig sind Kosten für die berufsqualifizierende Erstausbildung. Mit dem Bundesrat wehrt sich eine Minderheit gegen eine Verbesserung bei den Steuerabzügen. Sie besteht aus den drei Vertretern der SP, die generell gegen Steuererleichterungen sind, und zwei freisinnigen Exponenten, die bedingungslos für eine Vereinfachung des Steuersystems (Stichwort Bierdeckel) sind. Dadurch ergibt sich eine unheilige Allianz, die durchaus nicht chancenlos ist. Mein persönliches Anliegen stimmt mit jenem der 7-zu-5-Mehrheit überein. Nach dem Motto «Stillstand ist Rückschritt» sollen künftig auch die Kosten für Ausbildungen abziehbar sein, die zu einem Berufsaufstieg oder zu einer beruflichen Neuorientierung befähigen. Denn von einem höheren Lohn profitiert letztlich nicht nur die beförderte Person, sondern auch der Fiskus.

Bei der steuerlichen Behandlung von Aus- und Weiterbildungskosten liegt in unserem Land vieles im argen. Abhilfe tut not. Ob Besserung eintritt, entscheidet sich demnächst im Ständerat.