Schaffhauser Nachrichten: Germann: Der etwas andere Bankenlobbyist

von Michael Brunner

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Mit Hannes Germann kämpft ein Vertreter einer kleinen Regionalbank an vorderster Front gegen strenge Regeln für UBS und CS. Er selber sagt, er wolle sich am Bankenbashing nicht beteiligen. Freund und Feind rätseln über seine Motive. von Michael Brunner Die Grossbanken sollen in diesen Tagen im Nachgang des UBS-Debakels strengere Regeln erhalten. Dabei sind die Rollen für viele klar verteilt: Auf der einen Seite stehen die Guten, die wahren Volksvertreter. Sie kämpfen für eine griffige Regulierung. Auf der anderen Seite kämpfen die Bösen, die Lobbyisten der Grossbanken, und zwar mit allen Tricks.

Im Ständerat, der gestern und am Dienstag über dem umstrittenen Geschäft brütete, beteiligte sich auch der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann aufseiten der «Bösen». Ja, er führte deren Kampf gar an. Von ihm stammte der (erfolglose) Antrag, die Eigenmittelvorschriften nicht ganz so streng auszugestalten. Wäre Germann erfolgreich gewesen, die ganze Too-big-to-Fail-Vorlage wäre praktisch ausgehebelt worden. So sehen es zumindest seine politischen Gegner. Selbst ausserhalb des Ratssaals spricht Germann zurzeit wie ein Lobbyist der Grossbanken. «Auch bei UBS und CS arbeiten viele normale Leute zu ganz normalen Löhnen», sagt er etwa. Oder: «Wir dürfen die Schweizer Banken nicht durch eine Überregulierung schwächen, sonst sind sie im internationalen Wettbewerb im Nachteil.» Der Fall scheint klar: Germann, ein Vertreter der Grossbanken.

Eher ein Gewerbepolitiker 
Nur hat er keinen erkennbaren Bezug zu diesen. In seinen bald acht Jahren in Bundesbern ist zwar das eine oder andere Verwaltungsratsmandat dazugekommen. So ist er Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes und des Verbandes Schweizer Gemüseproduzenten. Und er ist Vizepräsident des Verwaltungsrates der Ersparniskasse Schaffhausen. Doch die meisten dieser Mandate passen problemlos ins Bild des stramm bürgerlichen Politikers vom Land, dem Gewerbe und Bauern weit mehr am Herzen liegen als Grossbanken. Germann ist auch nicht Wirtschaftsanwalt, sondern begann als Dorfschullehrer und Lokaljournalist, ehe er sich noch zum Ökonomen weiterbildete. Warum also legt er sich derart für die Sache der Grossbanken ins Zeug? Warum bekämpft er selbst Lösungen, zu denen gar die Credit Suisse zähneknirschend Ja gesagt hat? Politischer Feind wie Freund rätseln. Auch der Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr kann sich auf Anhieb keinen Reim darauf machen. Germann sei zwar ganz auf der Linie seiner Partei, die gegen strenge Regeln für die Banken kämpfe. «Aber bisher hat er sich oft gerade dadurch profiliert, dass er Distanz zur SVP markierte.»

Bührer als Einflüsterer? 
Nach längerem Nachdenken äussert Fehr dann doch noch eine Vermutung: Germann kenne Gerold Bührer, den Präsidenten von Economiesuisse, gut. «Vielleicht hat ihn Bührer bearbeitet, damit im Ständerat zusammen mit den bekannten Bankenvertretern Bruno Frick von der CVP und Rolf Schweiger von der FDP eine Allianz entstand, bei der alle wichtigen bürgerlichen Parteien dabei sind.» Tatsächlich fiel auf, dass Germann über die äusserst komplexe Materie bestens im Bilde war. Hatten ihn also Bührer und die Economiesuisse aufmunitioniert, allenfalls gar den Antrag formuliert? Bührer winkt ab. «Wir waren in der Expertenkommission gut vertreten und tragen deren Lösung mit.» Germann selber verwahrt sich gegen den Vorwurf, im Dienste der Grossbanken zu stehen. Er sei dem Gemeinwohl verpflichtet. Die Grossbanken seien für die ganze Volkswirtschaft sehr wichtig. «Deshalb mache ich bei diesem Bankenbashing nicht mit. Wenn fast alle gleicher Meinung sind, werde ich misstrauisch.» Was Germann nicht oder zumindest nicht direkt sagt, aber aus seinem Umfeld zu hören ist: Er hat sich in seiner Funktion bei der Ersparniskasse Schaffhausen über die Finanzmarktaufsicht Finma geärgert. Diese hatte nach der Krise ihre Aufsicht verstärkt, was offenbar gerade für kleinere Banken ohne riesigen Verwaltungsapparat oft mühsam ist. Warum sich Germanns Ärger nun aber auf die Regulierer und nicht auf die Verursacher der Krise richtet, bleibt sein Geheimnis.

Too big to fail: Der Ständerat hält an seinem bisherigen Kurs fest
Der Ständerat hat gestern in der weiteren Beratung der Too-big-to-fail-Vorlage keine Experimente gewagt. Er hielt in den Grundzügen am bisherigen Kurs, der weitgehend auch derjenige von Bundesrat und Expertenkommission ist, fest: Systemrelevante Grossbanken müssen damit künftig strengere Anforderungen hinsichtlich Eigenkapital einhalten. Zudem ist es an ihnen, sich so zu organisieren, dass im Krisenfall für die Wirtschaft wichtige Funktionen aufrechterhalten werden können. Damit geht die Schweiz über die Regelungen anderer Länder teilweise weit hinaus.

In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat die Vorlage mit 36 zu 0 Stimmen gut. Einzig die SVP-Ständeräte Hannes Germann (SH) und Adrian Amstutz (BE) enthielten sich. Versuche der Ratsrechten, die Bestimmungen zur Eindämmung des Grossbankenrisikos abzuschwächen, waren bereits am Dienstag im ersten Teil der Ständeratsdebatte gescheitert. Aber auch die Anträge der Ratslinken blieben erfolglos. Nun geht das Geschäft in den Nationalrat.