Schaffhauser Nachrichten: Hartes Ringen um Agrarpolitik 2011

Für die einen geht sie viel zu weit, für die andern ist sie mutlos. Entsprechend heftig dürften die Parlamentarier in den kommenden Wochen und Monaten über die Agrarpolitik 2011 streiten.

von Michael Brunner

Bern Wie soll es mit den Schweizer Bauern weitergehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Agrarpolitik (AP) 2011, welche der Bundesrat verabschiedet hat. Nun ist das Parlament an der Reihe. Heute Dienstag fällt die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (Wak) die ersten Entscheide. Dabei hofft vor allem der Bauernverband auf Korrekturen. Der Bundesrat habe sich stur gezeigt und keine Rücksicht auf die kritischen Vernehmlassungsantworten von Seiten der Landwirtschaft und der Kantone genommen. Tatsächlich hielt der Bundesrat an den Kernpunkten der AP 2011 fest: Der Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft soll für die Jahre 2008 bis 2011 noch 13,5 Milliarden Franken betragen. Für 2004 bis 2007 standen ursprünglich 14,1 Milliarden zur Verfügung, dieser Betrag wurde allerdings im Rahmen der Entlastungsprogramme gekürzt. Dann soll die Umlagerung von Marktstützungen hin zu produktionsneutralen Direktzahlungen weitergehen und das bäuerliche Boden- und Pachtrecht liberalisiert werden. Ziel des Bundesrates ist es, die Landwirtschaft weiterhin sozialverträglich an den Markt heranzuführen.

Marktstützungen effizienter Der Bauernverband fordert nun, dass das Parlament den Rahmenkredit für die Landwirtschaft wieder auf knapp 14 Milliarden aufstockt. Marktstützungen sollen langsamer in Direktzahlungen umgewandelt werden, weil ein für Marktstützungen eingesetzter Steuerfranken dem Bauern einen Einkommensgewinn von Franken 1.50 bis 1.80 bringt. Damit sind Marktstützungen aus Sicht der Landwirtschaft effizienter als Direktzahlungen. Dann wollen die Bauern die Liberalisierung des bäuerlichen Boden- und Pachtrechtes bremsen, weil dies zu mehr Kosten für sie führe. Und schliesslich fordern sie, dass bei Produktionsmitteln Parallelimporte zugelassen werden. Für Economiesuisse, den Dachverband der Schweizer Wirtschaft, hingegen geht die AP 2011 noch viel zu wenig weit. Der Zahlungsrahmen müsse weiter gekürzt werden. Economiesuisse zielt dabei vor allem auf bestimmte Direktzahlungen, die sich laut Studien nicht rechtfertigen liessen. «Eine Kürzung ist unumgänglich, wenn Direktzahlungen nicht mit klar definierten Leistungszielen verbunden werden können», schreibt Economiesuisse dazu auf ihrer Homepage.

Das Scheitern der WTO-Verhandlungen ändert grundsätzlich nichts an den Positionen zur AP 2011. Allerdings dürfte der Druck zur Umlagerung von Marktstützungen auf Direktzahlungen geringer werden, ist dies doch eine zentrale WTO-Forderung. Der Schaffhauser SVP-Ständerat und Wak-Präsident Hannes Germann sieht daher mehr Spielraum, um weiterhin Marktstützungen zu zahlen. «Die Forderung nach einem höheren Rahmenkredit dürfte es schwieriger haben.» Ähnlich beurteilt Martin Rufer, beim Bauernverband zuständig für die AP 2011 die Ausganglage: «Beim Rahmenkredit dürfte es knapp werden, allgemein stehen unsere Chancen aber gut.» Germann glaubt, dass nach dem Scheitern der WTO-Verhandlungen Reformen in der Landwirtschaft für die Wirtschaftsvertreter kein Kernanliegen mehr sind. Rudolf Walser, Chefökonome bei Economiesuisse, bestreitet dies allerdings. Der Reformprozess in der Landwirtschaft müsse so oder so unbedingt weitergehen. Das tönt insofern plausibel, als auch der Bauernverband davon ausgeht, dass die Schweiz nach der gescheiterten WTO-Runde bilaterale Wirtschaftsverträge abschliessen wird, die auch die Landwirtschaft einschliessen. Ein Beispiel dafür wäre das geplante Landwirtschafts-Freihandelsabkommen mit der EU. Dass die neue Ausganglage die Chancen der Bauern erhöht, die AP 2011 bremsen zu können, räumt allerdings auch Walser indirekt ein: «Es wäre bedauerlich, wenn das Parlament im Hinblick auf die Wahlen 2007 noch hinter die nicht besonders mutige Positionen des Bundesrates zurückgehen würde.»