Schaffhauser Nachrichten: Mehr Selbstverantwortung statt neuer Steuern

Geld und Geist

von Hannes Germann

Wer 3500 Franken im Monat verdient, zahlt dafür Einkommenssteuer. Das ist richtig so, wenn auch jemand mit diesem Lohn heute keine grossen Sprünge mehr machen kann. Wer 7000 Franken verdient, zahlt deutlich mehr als das Doppelte. Je höher das Einkommen, desto stärker steigen die Steuern. Man nennt das Progression. Was passiert nun aber, wenn es jemandem gelingt, vom in der Regel sauer verdienten Geld etwas auf die hohe Kante zu legen? Wohl fast alle wissen es, der Rest ahnt es.
Der gesparte Teil vom bereits einmal versteuerten Einkommen wird ein zweites Mal besteuert. Wenn auch erst ab einer bestimmten Höhe und anfänglich bescheiden, aber wiederum mit progressivem Tarif. Auch an die Vermögenssteuer hat man sich längst gewöhnt. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass natürlich auch die allenfalls auf dem Vermögen anfallenden Zinsen wiederum als Einkommen versteuert werden müssen. Das wäre dann bereits die dritte Steuer auf ein und dasselbe verdiente Geld!
Na und – jemand muss ja schliesslich Steuern bezahlen. Doch es gibt daneben einige Ungereimtheiten. Wer von seinem Einkommen etwas auf die Seite bringt und damit für sich und seine Familie vorsorgt, übernimmt die vom Staat gewünschte, sogar auf Verfassungsebene stipulierte Eigenverantwortung. Dies jedenfalls in höherem Masse als jener, der sein gesamtes (gleich hohes) Einkommen verschwendet. Doch raten Sie mal, wer steuerlich besser fährt?
Wer sein gesamtes Einkommen für sich aufbraucht, zahlt unserem Staat nur zweimal Steuern: Einkommenssteuer und beim Konsum die Mehrwertsteuer – sofern das Geld in der Schweiz ausgegeben wird. So ungerecht das auch sein mag, es ist noch nicht das Ende der Steuerspirale. Für den Fall, dass der erwähnte Erwerbstätige mit seinem Ersparten und inzwischen dreifach Versteuerten ein Haus oder eine Wohnung erwerben will, müsste er laut Bundesverfassung eigentlich gefördert werden. Denn er übernimmt Eigenverantwortung, indem er Wohneigentum erwirbt und sich fürs Alter absichert. Doch weit gefehlt.
Statt einer Belohnung wartet der Schweizer Fiskus mit einer Besonderheit auf, der Besteuerung des so genannten Eigenmietwerts. Dabei handelt es sich um ein fiktives Einkommen, das der Staat den Besitzern von Wohneigentum anrechnet. Man bezahlt dem Staat also eine Miete für das Bewohnen seiner eigenen vier Wände. Von diesem absurden System «profitieren» wegen des möglichen Zinsabzuges nur gerade jene, die auf dem Haus eine sehr hohe Hypothekarschuld stehen lassen. Wer das Haus ganz im Sinne des Staates abbezahlt und bis zum Erreichen des Pensionsalters gänzlich in sein Eigentum überführt, versteuert es dann zum einen als Vermögen. Zu den möglicherweise niedrigen AHV- und BVG-Bezügen wird dann zum andern der Eigenmietwert als Einkommen hinzugeschlagen. Für den Fall dieses Rentners ist diese vierte Besteuerung eine besonders stossende Ungerechtigkeit. Wird der Rentner zum Pflegefall, labt sich der Staat für den unbezahlbar teuren Pflegeplatz an der Substanz des lebenslang pflichtbewussten Sparers. Derweil sein Kompagnon ohne Erspartes sich den Aufenthalt im Nebenzimmer von anderen Steuerzahlern finanzieren lässt. Das ist zwar sozial, der Übernahme von Eigenverantwortung jedoch abträglich. Sollte sich der seriöse Sparer darob zu Tode grämen, weiss sich der Fiskus in gewissen Kantonen auch hier zu helfen – mit einer Erbschaftssteuer. Und es bleibt die bange Frage: Wie lange setzen wir noch auf Umverteilung, statt auf echte Anreize für die Übernahme von Selbstverantwortung zu setzen? Die zum x-ten Mal geforderte Einführung einer eidgenössischen Erbschaftssteuer wird diese Diskussion wieder anheizen.