Schaffhauser Nachrichten: Politische Bildung kommt zu kurz

Diskutierten an der Pädagogischen Hochschule über politische Bildung (von links): Jrene Pappa (PHSH), Nationalrätin Martina Munz, Ständerat Hannes Germann und Gerhard Stamm.Bild Selwyn Hoffmann
Diskutierten an der Pädagogischen Hochschule über politische Bildung (von links): Jrene Pappa (PHSH), Nationalrätin Martina Munz, Ständerat Hannes Germann und Gerhard Stamm.Bild Selwyn Hoffmann

Die politische Bildung kommt in der Schule etwas zu kurz: Das ist das Fazit einer Diskussion an der Pädagogischen Hochschule.

Von Jörg Riser

Diskutierten an der Pädagogischen Hochschule über politische Bildung (von links): Jrene Pappa (PHSH), Nationalrätin Martina Munz, Ständerat Hannes Germann und Gerhard Stamm.Bild Selwyn Hoffmann
Diskutierten an der Pädagogischen Hochschule über politische Bildung (von links): Jrene Pappa (PHSH), Nationalrätin Martina Munz, Ständerat Hannes Germann und Gerhard Stamm.Bild Selwyn Hoffmann

Kommt die politische Bildung in unseren Schulzimmern zu kurz? Dies war die Kernfrage einer Diskussionsrunde im Rahmen des Zyklus «Vision Schule» der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen (PHSH) am vergangenen Dienstagabend, und die Gäste, Ständerat Hannes Germann und Nationalrätin Martina Munz, waren sich trotz vielen unterschiedlichen Ansichten in der Antwort nahe. Ja, die politische Bildung komme zu kurz, meinte Germann. Und Munz anerkennt zwar die Bemühungen, bemängelt indessen die Kürze der dafür zur Verfügung stehenden Zeit. «Es dürfte etwas mehr sein» – diesen Grundsatz werden Munz und Germann wohl gemeinsam unterschreiben können.

Daneben erbrachte die muntere, von Gerhard Stamm und Jrene Pappa moderierte Diskussion naturgemäss auch unterschiedliche Haltungen; es wäre ja auch erstaunlich, wenn es zwischen dem SVP-Ständerat und der ­SP-Nationalrätin nicht Differenzen gäbe. Munz plädierte in ihrem einleitenden Kurzreferat für mehr Zeit bei der Vermittlung politischer Bildung, die ja auch Fragen der Rechtsstaatlichkeit und ein Geschichtsverständnis (und vieles andere mehr) einschliesst. Altersgerecht präsentiert, könne der Prozess politischer Bildung bereits in der Primarschule beginnen. Überdies wünscht sich Munz für die Schülerinnen und Schüler Erfolgserlebnisse in einem Klima des Learning by doing, mithin der Teilnahme der Jugendlichen an demokratischen Prozessen –etwa in der Mitsprache bei einer Pausenplatzgestaltung. Schliesslich forderte sie dezidiert das Stimmrechts­alter 16: Es sei nicht einzusehen, weshalb die Jugendlichen zwar für ihr Verhalten verantwortlich seien, diese Verantwortung jedoch in der Politik nicht zum Ausdruck bringen dürften. Teilnahme, so eine Grundüberlegung, wecke das Interesse an Politik – ein Gewinn fürs Leben.

Hannes Germann beschäftigte sich einleitend mit dem Begriff Visionen; er denkt, dass die politische Bildung in der Schule eine eher untergeordnete Stellung einnimmt, derweil umgekehrt die Bildung in der Politik ein zentrales Thema ist. «Die Lehrpersonen spielen in allen Parteiprogrammen eine zentrale Rolle», meinte er. Germann bemängelte jedoch die Tendenz, immer mehr Erziehungsentscheidungen an die Schule zu delegieren. Dezidierte Kritik übte er an einer überbordenden Reformhektik an der Schule. Es sei ein Fehler, von einer Reform in die nächste überzugehen, bevor die erste überhaupt zu Ende gebracht sei. Seine Erkenntnis: «Weniger ist manchmal mehr.» Wenn Reformen, dann praxisbezogene und nicht «abgehobene», wie sie zu erleben seien. Dann liessen sich auch vermehrt staatsbürgerliche Themen einbauen.

Unterschiedlicher Meinung waren Munz und Germann beim Lehrplan 21. Munz kann dem bildungspolitischen Wurf viel Gutes attestieren, auch wenn schliesslich ganz wesentlich ist, wie der Stoff dann im Schulzimmer vermittelt wird. Für Germann ist der Lehrplan viel zu umfangreich, ein gutes Beispiel für den Satz, dass weniger mehr wäre. Am Schluss dann doch wieder Einigkeit. Hannes Germanns Zitat von Henry Ford, der grösste Feind der Qualität sei die Eile, konnte Martina Munz mit ihrer Forderung nach mehr Gründlichkeit und Zeit bei der politischen Bildung gewiss unterstützen. Schliesslich teilen beide die Überzeugung, dass die schweizerische Bildungslandschaft zu den besten überhaupt gehört.

Hannes Germann, Ständerat:
«Die Lehrpersonen spielen in allen Parteiprogrammen eine grosse Rolle.»