Schaffhauser Nachrichten: Souverän reformwilliger als Behörden

Wenn die Reformen nicht gelingen, sinkt der Kanton auf die Bedeutung des Bezirks Hinwil im Kanton Zürich.

Von Wolfgang Schreiber

Fröhliche Flurlinger senkten am Donnerstag locker und mit bestem Gewissen den Steuerfuss, bevor sie sich den traditionellen Hilari-Ausgelassenheiten hingaben.

Von Sorgen geplagt und über die düstere Zukunft nachdenkend, trafen sich auf Einladung der SVP Reiat am Samstagmorgen um 9 Uhr, wenig mehr als 10 Kilometer nördlich von Flurlingen, im Zentralschulhaus zwischen Bibern und Hofen, etwa 35 Leute mit Regierungsrat Erhard Meister, mit Thayngens Gemeindepräsident Bernhard Müller, mit dem Opfertshofer Gemeindepräsidenten und Ständerat Hannes Germann, mit Wirtschaftsförderer Thomas Holenstein und mit «sh.auf»-Projektleiter David Schmid, um Neues über den Stand der Reformen im Kanton und über den geplanten Zusammenschluss von Barzheim mit Thayngen zu hören. Es ging auch um die Suche nach Möglichkeiten, wie die Entwicklung in den Reiatgemeinden weitergehen könnte.

Investitionen nicht möglich
Denn anders als im zürcherischen Flurlingen, haben viele, nicht alle, Reiatgemeinden finanzielle Probleme. Die Schulden nehmen zu. Investitionen, selbst solche, auf die die Einwohner eigentlich ein Recht haben, sind nicht mehr aus eigener Kraft möglich. Die Gemeinden sehen sich in Zukunft zu Bettlern und Bittstellern herabgewürdigt. Der Kanton hat selber Probleme, er verfügt über zu wenig Geld, um finanzschwache beziehungsweise verschuldete Gemeinden jahrelang unterstützen zu können, machte Regierungsrat Erhard Meister deutlich. Wenn ein Sparprogramm ausgearbeitet wird, berichtete Meister, dann ist gleich zu sehen: Es handelt sich um Brösmeli, die eingespart werden können. Um spürbare Verbesserungen zu erreichen, muss die Sache gründlicher angegangen werden. Es braucht eine Reform der Strukturen und entsprechend eine Reform der Verwaltung.

Die starke Stadt
Um dies in den Griff zu bekommen, ist das Projekt «sh.auf» aufgegleist worden. David Schmid stellte den rund 35 ins Zentralschulhaus gereisten Leuten aus dem Reiat das gemeinsame Reformprojekt des Kantons und der Schaffhauser Gemeinden vor.
Was alle am Reformprojekt beteiligten Leute wollen, ist eine starke und attraktive Stadt. Denn ohne eine starke und gesunde Stadt, dafür plädierte auch Wirtschaftsförderer Thomas Holenstein eindringlich, findet der Kanton kaum noch eine Existenzberechtigung. Dann würde er, wie an der Versammlung zu hören war, der Bedeutung des Bezirks Hinwil im Kanton Zürich entsprechen.
Die kleineren Gemeinden tun etwas. Interessant ist dabei, dass die Initiative nicht eigentlich von den Behördenmitgliedern ausging, sondern vom Volk, vom Souverän.
Das war so in Trasadingen, wo 100 Prozent der Gemeindeversammlung dem etwas verblüfften Gemeinderat den Auftrag erteilte, Gespräche über einen Zusammenschluss mit einer Nachbargemeinde in die Wege zu leiten. Und Ähnliches geschah, so berichtete Hannes Germann an der Reiattagung, in den Versammlungen der Gemeinden des unteren Reiat. Legitimiert durch ihre Gemeindeversammlungen, setzten sich die Behörden von Altdorf, Bibern, Hofen und Opfertshofen zusammen, um zu überlegen, wie es wäre, wenn es für die vier kleinen Gemeinden nur noch einen Gemeinderat, nur noch eine Gemeindeverwaltung geben würde und wenn in allen vier Gemeinden die Gebühren und Steuern gleich hoch wären. «Die Leute sind aufgeschlossener und im Denken weiter, als die Behördenmitglieder glauben», stellte Hannes Germann fest und bemerkte, «aber die Behörden dürfen jetzt nicht davonstürmen und die Bedenken der Leute zurücklassen. Aber es gilt im unteren Reiat auch zu verhindern, dass sich jede Gemeinde einzeln durch die Hintertüre ins steuerattraktive Thayngen schleicht.» Unter dem Präsidium von Arthur Waldvogel hat sich ein Projektteam gebildet, das die Zusammenarbeit im unteren Reiat untersucht.

Gegenseitiger Respekt
Dass Barzheim zu Thayngen kommt, ist so gut wie beschlossene Sache. Es findet sich nirgends Opposition. Dennoch, so betonte Thayngens Gemeindepräsident Bernhard Müller im Zentralschulhaus, die Gespräche und Verhandlungen der beiden Gemeinden würden mit grösstem Respekt geführt. Bernhard Müller teilte den Leuten im Auditorium mit, dass beim Zusammenschluss nach der selben Checkliste vorgegangen wird, die bei der Eingemeindung Herblingens in die Stadt Schaffhausen benutzt wurde.