Tages-Anzeiger: Schweiz ist am kürzeren Hebel

Von Liliane Minor

Das Luftverkehrsabkommen befinde sich im sicheren Anflug auf den Flughafen Zürich,  sagte der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann SVP gestern. Das ist nett ausgedrückt eine sehr optimistische Beurteilung der Lage. Realistisch betrachtet sieht es eher nach einer Warteschleife mit unklarem Ausgang aus derweil sich die Fluglotsen über die genaue Anflugroute streiten und der Flughafen noch nicht fertig gebaut ist.

Zwar hat die Schweiz gestern einen ersten Schritt zur Ratifizierung des Staatsvertrags gemacht. Der Ständerat hat das Abkommen ohne Begeisterung genehmigt. Doch fast in derselben Minute erklärte der Europäische Gerichtshof  die deutschen Anflugbeschränkungen auf den Flughafen Zürich für rechtmässig. Damit stehen die beiden Staaten in der Fluglärmfrage erneut vor einem Patt. Der Entscheid des Europäischen Gerichtshofs stärkt jenen süddeutschen Politikern den Rücken die Nachverhandlungen über strittige Fragen wie Bewegungszahlen und Flughöhen verlangen. Aus Sicht der Schweiz gibt es  dafür keinen Spielraum. Das klare Resultat der Abstimmung im Ständerat 40:2 lässt keinen anderen Schluss zu.

Und als wäre die Situation nicht schon vertrackt genug verlangen SP und SVP im Nationalrat dass auch die Schweiz die Ratifizierung hinausschiebe. Die SVP will warten bis auch Deutschland dem Abkommen zustimmt die SP bis bekannt ist wie der zusätzliche Fluglärm in der Schweiz verteilt wird.

Das zeigt deutlich Bundesrätin Doris Leuthard pokert mit dem Staatsvertrag hoch. Zu viele Fragen sind ungeklärt. Sicher aber ist dass Säbelrasseln nicht weiterhilft. Denn Tatsache ist auch dass die Schweiz am kürzeren Hebel sitzt.  Scheitert das Abkommen aus welchen Gründen auch immer, kann Deutschland die Anflugsperren einseitig ausweiten. Nach dem Entscheid des Europäischen Gerichtshofs ist die Hürde tiefer denn je. Doris Leuthard bleibt nur ein Ausweg aus der Warteschleife: mühselige Kleinarbeit um alle offenen Fragen zu klären mit Deutschland ebenso wie im Inland. Das ist hart und bringt keine grossen Schlagzeilen Aber sonst droht dem Vertrag um bei Germanns Worten zu bleiben eine Bruchlandung.