20 Minuten Online: «Wir müssen das Milizprinzip revitalisieren»

Schweizer Gemeinden haben Mühe, genügend Freiwillige für ihre Ämter zu finden. Hannes Germann, Präsident des Gemeindeverbandes, will die Exekutivämter wieder attraktiver machen.

Von Christoph Bernet

Herr Germann*, weshalb hat gut die Hälfte aller Gemeinden Mühe, ihre Exekutivämter zu besetzen?
Hannes Germann: Die politische Arbeit in den Gemeinden wird von Freiwilligen geleistet. Wir müssen das Milizprinzip gezielt revitalisieren, damit wir weiterhin gute Leute finden. Natürlich spricht man am häufigsten von den Gemeinden, die Probleme haben. Doch in vielen Gemeinden klappen die Ämterbesetzungen tipptop.

Das Problem der fehlenden Bewerber für Exekutivämter ist in kleinen Gemeinden am grössten. Müssen diese fusionieren, damit sie auf ein grösseres Reservoir an möglichen Bewerbern zurückgreifen können?
Eine Gemeindefusion kann eine Lösung sein. Allerdings muss das Umfeld dafür passen und der Wille dazu von unter her wachsen. Die absolute Grösse einer Gemeinde ist allerdings nicht das einzige Kriterium dafür, ob eine Gemeinde funktioniert. In Italien sind die Gemeinden durchschnittlich grösser, kommunale Verwaltungen und Regierungen funktionieren aber nicht annähernd so gut wie bei uns.

Wer beruflich stark engagiert ist, hat doch heute weder Zeit noch Lust, sich in seiner Gemeinde zu engagieren.
Natürlich herrscht von der Arbeitswelt her ein gewisser Druck. Aber es gibt auch positive Beispiele: Die Credit Suisse und andere Unternehmen haben uns im Gespräch zugesichert, das Engagement in Gemeindeämtern bei ihren Mitarbeitern gezielt zu fördern. Die Frage ist, ob wir Milizämter so gestalten können, dass sie interessant bleiben. Wer führt, will entscheiden. Diese Leute müssen von einer professionell arbeitenden Gemeindeverwaltung von administrativen und zeitraubenden Aufgaben entlastet werden.

Was kann der Bund hier tun, um den Gemeinden zu helfen?
In erster Linie müssen wir die Gemeinden als eigenständige föderative Ebene respektieren. Der Föderalismus bietet viele Möglichkeiten für massgeschneiderte Lösungen. Es ist nicht gut, wenn Bund und Kantone immer mehr Aufgaben zentralisieren und die Gemeindeexekutiven zu reinen Vollzugsorganen werden. Das macht die Arbeit in den Gemeinden weniger interessant. Als Mitglied einer Gemeindeexekutive soll man entscheiden und führen dürfen und nicht bloss Ausführungsgehilfe von Bund und Kanton sein.

*Hannes Germann (SVP) präsidiert dieses Jahr den Ständerat. Der Schaffhauser ist Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands.