Die Linke diktiert: Ein Ja zu Bilateralen und Menschenrechten ist für Bundesräte zwingend. Wie Brand, Germann und Spuhler hier abschneiden.
Von Yannick Wiget
Mit der zugesicherten Unterstützung der Mitte scheint einer Doppelvertretung der SVP im Bundesrat nichts mehr im Weg zu stehen. CVP, GLP und BDP werden am 9. Dezember wohl einen SVP-Kandidaten zum Nachfolger von Eveline Widmer-Schlumpf wählen und keinen eigenen Mittekandidaten aufstellen. Es sei denn, die SVP – die aller Voraussicht nach mit einem Zweierticket antritt – würde Politiker vorschlagen, die für die anderen schlicht nicht wählbar sind. Die Siegerin der eidgenössischen Wahlen könnte sich also selbst ein Bein stellen, wenn sie versuchen würde, einen Hardliner durchzuboxen. Ein solcher hätte in den Fraktionshearings einen schweren Stand. In den Anhörungen der anderen Bundeshausfraktionen werden die SVP-Kandidaten vor der Wahl auf Herz und Nieren geprüft.
Noch ist offen, wie streng es die Parteien mit den Anforderungen an die Kandidaten nehmen. Klar scheint, dass kein Weg an folgenden, für die anderen Parteien zentralen Punkten vorbeiführt: den Bilateralen und dem Völkerrecht. So sagte SP-Präsident Christian Levrat zum «Tages-Anzeiger»: «Wenn die SVP jemanden portiert, der gegen die Bilateralen ist, dann steigt der Druck auf die Mitte, einen Kandidaten aus ihren Reihen zu stellen.» Ins gleiche Horn bläst Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen: «Wir werden keinen SVP-Vertreter wählen, der die Menschenrechte nicht akzeptiert oder sich nicht zu den bilateralen Verträgen und unserem Rechtsstaat bekennt.» Der SVP-Kandidat, der ihre Bedingungen erfülle, müsse zuerst noch erfunden werden, ergänzte Balthasar Glättli, Fraktionschef der Grünen. CVP und FDP hingegen wollen keine Bedingungen stellen. Auch hier werden die Kandidaten aber nicht darum herumkommen, sich zu den beiden Themen zu äussern. «Unsere Fraktion wird sie befragen, wie sie zur Zukunft der Bilateralen und zum Völkerrecht stehen», sagte FDP-Präsident Philipp Müller.
Die Fraktionshearings werden zum Eiertanz für die SVP-Kandidaten. Sie werden sich ganz genau überlegen müssen, wie sie sich positionieren und gegenüber den anderen Parteien präsentieren sollen. Taktieren ist angesagt. Aussichtsreiche Kandidaten der SVP haben indes ganz unterschiedliche Einstellungen zu den entscheidenden Themen. Eine Auswahl:
Heinz Brand ist im Moment der meistgenannte Kandidat. Sein Problem hinsichtlich einer Bundesratskandidatur: Er politisiert streng auf Parteilinie und könnte aufgrund seiner Einstellung zu den genannten Punkten bei den anderen Fraktionen durchfallen. Brand gehört zum Komitee der Selbstbestimmungsinitiative, die sich gegen die Übernahme fremden Rechts und für mehr Schweizer Souveränität in rechtlicher Hinsicht einsetzt. Mit dieser Forderung steht die SVP allein auf weiter Flur. Brand wehrt sich gegen den von seiner Partei vermuteten «Prozess der Europäisierung», weil er der Meinung ist, dass die Schweiz ihren Handlungsspielraum an die EU verliert. Das ist auch den vielen bilateralen Verträgen geschuldet. Als Vorsteher des Bündner Amtes für Polizeiwesen und Zivilrecht beklagte Brand einst, dass ihm wegen der bilateralen Verträge und der Personenfreizügigkeit mit der EU in gewissen Bereichen die Hände gebunden seien.
Ganz anders sieht es bei Ständerat Hannes Germann aus, einem weiteren Kandidaten im engeren Favoritenkreis der SVP. Der Schaffhauser – schon 2011 «Beinahe-Kandidat» – politisiert nicht immer auf Parteilinie und gilt als sehr kompromissbereit. Er bekennt sich zu den bilateralen Verträgen und setzt sich gar öffentlich gegen eine Asylinitiative zur Wehr. In seiner eigenen Partei dürfte er es damit schwer haben, sich durchzusetzen. Würde Germann aber als Kandidat nominiert, hätte er wohl gute Chancen, weil er für die Mitte wählbar wäre.
Der Thurgauer Ex-Nationalrat Peter Spuhler hat schon mehrfach erklärt, dass er für eine Wahl in den Bundesrat nicht zur Verfügung stehe. Seine Firma Stadler Rail sei ihm zu wichtig. Als Bundesrat müsste er sie verkaufen. «Dieser Preis ist mir zu hoch», sagt Spuhler. Trotzdem wird sein Name weiterhin hoch gehandelt. Denn als Unternehmer setzt er sich – im Gegensatz zu seiner Partei – für die Erhaltung der Bilateralen ein. Trotzdem wäre er ein Wunschkandidat vieler innerhalb der SVP. So sagte beispielsweise Roger Köppel: «Er wäre ein ausgezeichneter Bundesrat. Der beste Mann mit den besten Aussichten.» Lässt sich Spuhler doch noch zu einer Kandidatur und einer Rückkehr in die Bundespolitik überreden, hätte er auch gute Chancen, von den meisten anderen Parteien unterstützt und damit gewählt zu werden.(baz.ch/Newsnet)