[Basler Zeitung] Ständeräte setzen Zeichen gegen Missbrauch im Spitzensport

Man könnte von einer zweiten Welle sprechen, einer zweiten Welle von #MeToo-Enthüllungen. In den letzten Wochen haben Journalisten zahlreiche Fälle von Machtmissbrauch, Mobbing und Sexismus bei bundesnahen Betrieben und Organisationen dokumentiert. Erst berichteten «Swissinfo» und «Republik» über Frauendiskriminierung bei der Schweizerischen Nationalbank. Dann beleuchtete «Le Temps» problematische Machtstrukturen und sexuelle Übergriffe beim RTS. Das «Magazin» wiederum schilderte, wie junge Athletinnen in Magglingen – wo das Bundesamt für Sport seinen Sitz hat – jahrelang Machtmissbrauch und Gewalt erlebten. Vieles deutet darauf hin, dass diese zweite Welle heftiger verläuft als die erste. 2017 und 2018 reagierte die Bundespolitik noch relativ zaghaft auf das Phänomen. Das neue Parlament zeigt nun wesentlich mehr Bereitschaft zum Handeln. Bereits am Montag hat die ständerätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur auf den Fall Magglingen reagiert: Sie fordert die Schaffung einer unabhängigen Anlaufstelle für Opfer von Missständen im Sportbereich. Eine entsprechende Motion wurde mit 10 zu 3 Stimmen überwiesen. «Die Betroffenheit in der Kommission über die Vorfälle in Magglingen ist sehr gross», sagt WBK-Präsident Hannes Germann (SVP) auf Anfrage. Besonders in Einzelsportarten gebe es extreme Abhängigkeitsverhältnisse. Wer sich beim Trainer oder beim Verband beschwere, könne praktisch sei auch im Spitzensport ne Sachen packen und die Karriere beenden, so Germann. «Die Athleten sind das schwächste Glied in der Kette. Deshalb muss man für sie eine unabhängige Anlauf- oder Meldestelle schaffen.» Eine breitere Lösung streben die SP-Frauen an. Nach den Enthüllungen der letzten Wochen wollen sie den Fokus über den Sportbereich hinaus öffnen. Co-Präsidentin und Nationalrätin Tamara Funiciello verlangt eine parlamentarische Aufsichtsdelegation gegen Mobbing, Diskriminierung und Sexismus in der Bundesverwaltung und in bundesnahen, mit öffentlichen Geldern finanzierten Betrieben. Funiciello sagt: «Die aktuellen Fälle zeigen sehr klar: Wir werden dem Problem nicht gerecht, wenn wir immer so tun, als handle es sich um Einzelfälle.» (lec)