NZZ: Augen zu und durch in derAgrarpolitik

Die Wirtschaftskommission des Ständerats hat sich in den wesentlichen Differenzen bei der Agrarreform 2011 dem Nationalrat angeschlossen. So beantragt sie der kleinen Kammer unter anderem, auf eine weitere Subventionierung der Zuckerfabriken zu verzichten.  Ständeräte bringen Parallelimporte nicht wieder aufs Tapet.

rom. Bern 30.März

Es war gemunkelt worden, dass der vom Bundesrat bekämpfte Entscheid des Parlaments für die Zulassung sektorieller Parallelimporte im Agrarbereich wieder umgestossen werden könnte. Dafür wäre ein Rückkommensantrag in der Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats notwendig gewesen. Doch nichts davon: Der Kommission, die am Donnerstag und Freitag in Schaffhausen, dem Heimatort ihres Präsidenten Hannes Germann (svp), tagte, war es offensichtlich eher um Harmonie als um Dissens zumute. Sie verzichtete darauf, die von ihr beschlossene und vom Nationalrat knapp übernommene Zulassung von Parallelimporten für landwirtschaftliche Produktions und Investitionsgüter noch einmal zur Diskussion zu stellen. Wie zu vernehmen war, hofft man offenbar, dass der Bundesrat über die anstehende Revision des Patentrechts allfälligen Schaden abwenden wird. Diese Hoffnung dürfte allerdings trügerisch sein, da es sich beim Landwirtschaftsgesetz um einen Spezialerlass handelt, der via Patentrecht geändert werden müßte. Ob sich dann eine Mehrheit für eine Kehrtwende finden würde. ist fraglich.

Kein Geld für Zuckerfabriken und Wolle

In der zweiten Lesung im Ständerat dürften aber andere Entscheide gekippt werden, welche die kleine Kammer im ersten Umgang gefällt hat. Die WAK schloss sich nämlich in den wichtigsten Differenzen, die der Nationalrat in der Frühlingssession geschaffen hat, der grossen Kammer an. So beschloss sie mit 8 zu 3 Stimmen auf die weitere Subventionierung der Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld für die Rübenverarbeitung zu verzichten. Stattdessen sollen die Flächenbeiträge für die Zuckerrübenproduzenten erhöht werden. Im Gegenzug wollen die Ständeräte dem Bund aber auch keinen Einblick in die Jahresrechnung der Zuckerfabriken mehr gewähren. Die gänzliche Abnabelung der beiden Fabriken von finanziellen Zuwendungen des Bundes gab laut Kommissionspräsident Germann erneut viel zu reden, gehören doch verschiedene Vertreter der Verarbeitungsbetriebe dem Ständerat an; diese haben somit dort eine starke Lobby.

Ebenfalls zurückbuchstabieren dürfte der Ständerat bei den 600000 Franken, die er ursprünglich weiterhin für die Verwertung der Schafwolle aufwenden wollte. Der Nationalrat strich diese Subvention unter dem Motto, dass die Bundesunterstützung den Produzenten, also den Bauern via Tierhalterbeiträge, und nicht den Verarbeitungsbetrieben zugute kommen sollte. Mit 8 zu 2 Stimmen schloss sich die ständerätliche WAK nun diesem Beschluss an, wobei die Minderheit nach wie vor der Meinung ist, die Schafwolle sollte sinnvoll verwertet statt einfach verbrannt oder auf den Misthaufen entsorgt werden. Ebenfalls einverstanden mit dem Nationalrat ist die ständerätliche WAK in Bezug auf den Einbezug der Bienen ins Landwirtschaftsgesetz. Damit kann der Bund neu auch die gefährdete Bienenzucht finanziell unterstützen.

Wettbewerbsverzerrungen bei Käsereien

Einzig bei den Investitionskrediten an Gewerbe besteht noch eine wesentliche Differenz zwischen der Ständeratskommission und dem Nationalrat. Es sei eine Wettbewerbsverzerrung, wenn Käsereien die von Bauernfamilien betrieben würden, Geld vom Bund erhielten, während die gleichen Betriebe von Käserfamilien leer ausgingen sagte Germann. Die WAK verlangt deshalb dass das Bundesamt für Landwirtschaft in diesem Punkt Vorschläge für eine bessere Lösung ausarbeitet.