SCHAFFHAUSEN. Aufgrund der Neuausrichtung der IVS Industrie- und Wirtschaftsvereinigung Region Schaffhausen wurde eine neue Tradition ins Leben gerufen. Die IVS-Schifffahrt von Schaffhausen nach Stein am Rhein und zurück gibt Gelegenheit zur gemeinsamen Diskussion und zum Gedankenaustausch. Die Stärkung des Netzwerkes innerhalb der IVS soll gefördert werden.
Die IVS verspricht sich von diesem Anlass das Näherrücken von Politik und Wirtschaft und die Möglichkeit des intensiven Meinungsaustausches, dies verbunden mit einem unterhaltsamen und spannenden Abend. Die Wahl der Themen fiel auf «Aus- und Weiterbildung» und «Infrastruktur und Wohnlage» da diese die zentralen Standortfaktoren für Unternehmen und Mitarbeiter sind und ein Potenzial im Wirtschaftsraum Schaffhausen haben.
Infrastruktur und Wohnlage
Ständerat Hannes Germann beleuchte das Thema «Infrastruktur und die Einflussmöglichkeiten auf nationaler Ebene». Aus industrieller Sicht verwies Rainer Stamm, Manager of International Business, Rhenus Alpina Ltd., auf die Notwendigkeit der schnellen Umsetzung der verbesserten Verkehrsverbindungen von Schaffhausen Richtung Flughafen Zürich und Deutschland und stellte die Frage, in wie weit die Unternehmen diesen Prozess beschleunigen und unterstützen könnten. Es ergab sich eine angeregte Diskussion zu diesem Thema. Eine Steigerung der Diskussionsintensität erreichte Dr. Hans F. Vögeli, CEO der Zürcher Kantonalbank, – mit der These, eine verbesserte Infrastruktur berge das Risiko in sich, dass Schaffhausen zum reinen Arbeitsplatzreservoir von Zürich degradiert werde. Dies wurde unter intensiven Zuschauerdiskussionen dann letztlich verneint. Bei diesem Thema waren sich die Podiumsteilnehmer einig über die Notwendigkeit der schnellen Verbesserung und der bisher getroffenen Massnahmen.
Zum Thema Wohnlage zeigte Regierungspräsident Dr. Hans-Peter Lenherr anschaulich die Möglichkeiten und Grenzen der Politik auf. Nebst schnelleren Baubewilligungen wurde Bauland bei einigen Gemeinden im Zusammenhang von Zonenrevisionen freigegeben und gut absorbiert (z.B. Stetten). Allerdings sind beste Lagen in Stadtnähe blockiert (unter Schutz, oder bestehende Städtische und Industrieanlagen). Hier besteht noch Diskussionsbedarf. Carlo Klaiber, Bauunternehmer, lehnte zu starke staatliche Anreize bezüglich Bauförderung ab, betonte aber die Wichtigkeit von verfügbarem Bauland und die notwendige autonome Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Der Themenbereich betreffend Angebot und Nachfrage wurde kontrovers diskutiert, ebenso das Thema hinsichtlich von möglichen finanzieller Anreize durch den Kanton, um das Bauangebot in kürzerer Zeit auszuweiten.
Bildung und Ausbildung
Ausbildungsfragen wurden ausgehend von einem Überblick über die heutige Situation im Kanton Schaffhausen sowie an den führenden Hochschulen diskutiert. Die Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel legte Meilensteine wie die Einführung des Blockunterrichtes sowie den Ausbau weiterführender Ausbildungen in den wichtigsten Berufen dar. Leistungsbereitschaft und nicht nur Leistungsfähigkeit ist aufgrund der Analyse durch den Rektor der Kantonsschule Dr. Urs Saxer die Basis für Selektion und für eine richtig verstandene Ausrichtung auf die Förderung von Eliten in allen Bereichen.
Der in Schaffhausen aufgewachsene ETH Professor Dr. Bernhard Jaun zeigte sich einerseits besorgt, weil Grundlagen wie die Ausdrucksfähigkeit bei den jungen Studierenden zu wünschen übrig lassen. Andererseits sieht er für viele Studienrichtungen in Naturwissenschaft und Ingenieurwesen fehlende Möglichkeiten in der sich rasch wandelnden Unternehmenswelt. Matthias Jost regt als Personalverantwortlicher für Unilever Schweiz an, den Standort Schaffhausen vermehrt auch als Plattform für interessante Berufsangebote zu vermarkten. Der in Neuhausen aufgewachsene CEO von Saurer Heinrich Fischer wiederum skizzierte die Bedürfnisse der international verknüpften modernen Unternehmenswelt. Das Empowerment, die Delegation möglichst vieler Kompetenzen an die Front verlangt eine Vielzahl von Fähigkeiten über das – fast als selbstverständlich vorausgesetzte – Fachwissen hinaus. Der Leiter der Podiumsdiskussion Professor Dr. Giorgio Behr konnte aufgrund seiner Erfahrung als Professor an der Universität St. Gallen damit unterstreichen, weshalb die führenden Hochschulen im ersten Studienjahr – einer Art Assessment Periode – viel Wert auf die Vermittlung solcher Fähigkeiten legen. Im Verlaufe der Diskussion wurde eine vernünftige Selektion, auch mit Blick auf Eignung und vorhandene Kompetenzen, als wichtig beurteilt. Ein wichtiges Anliegen der IVS ist die Stärkung der Lehrangebote, was sowohl von den Vertretern aus der Unternehmenspraxis als auch der Hochschulen als eine für die Zukunft der Schweiz entscheidende Stärke einstuften. Ebenfalls im Sinne der Zielsetzungen der IVS verlief die Diskussion mit Blick auf das ungenutzte Potential bei den vielen jungen Frauen für eine Ausbildung im Bereich Naturwissenschaften und Ingenieurwesen. Bezeichnend dafür ist wohl die Tatsache, dass an der ETH nur gerade für den Bereich Pharmazeutik sich primär Frauen entscheiden. Denn diese Berufsrichtung scheint im Auge vieler Studierender Möglichkeiten für Teilzeitarbeit, für Wiedereinsteiger und somit für eine vernünftige Kombination von Beruf und Familie zu bieten. Andererseits wurde auch betont, dass die zweistufige Ausbildung an den Hochschulen mit dem Dreijahreszyklus zum Bachelor und einem – allenfalls in einer völlig anderen Studienrichtung – Master (2 Jahre) noch viel zu wenig genutzt wird. Sowohl mit Blick auf gewisse Stelleninserate, die fast Wunderkinder als Bewerber voraussetzen, als auch auf gewisse Anforderungen an die Ausbildung, die fast einem Lehrgang für künftige Nobelpreisträger gleichen, wurde dazu geraten, Grundfähigkeiten zu schulen und daneben andere Kompetenzen wie Ausdrucksfähigkeit, Umgang mit einer sich rasch wandelnden Umwelt, Teamfähigkeit oder Leistungsbereitschaft zu fördern.