Die offizielle Bankenlobby hat sich durchgesetzt. Allerdings hat die Abgeltungssteuer einen hohen Preis. Die Zukunft wird weisen, ob sie ein Befreiungsschlag für den Finanzplatz oder eher ein Pyrrhussieg ist.
Von Hannes Germann
Die aussergewöhnlich stark befrachtete Sommersession stand im Zeichen von zahlreichen für den Wirtschafts- und Finanzplatz wichtigen Entscheiden. Da wäre zunächst die von den Banken geforderte Abgeltungssteuer. Die Abkommen sind vom Parlament in der Schlussabstimmung dank einer soliden Mitte-links-Mehrheit und einer etwas wankelmütigen SVP durchgewinkt worden. Dabei sind vor allem die beiden Verträge mit Deutschland und Grossbritannien eigentlich jenseits von Gut und Böse. Die Schweizer Banken werden genötigt, den Steuereinzug für diese Staaten nach deren Recht gleich selber zu machen. Das heisst, man hat den unterschiedlichen Steuersystemen und einzelnen länderspezifischen Sätzen exakt Rechnung zu tragen. Daneben gilt für Zinsen und Dividenden nach wie vor die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie. Das macht weitere Abgrenzungen erforderlich und ist ein – von der EU gewollter – Unsinn.
Insgesamt ist die Abgeltungssteuer ein Vollzugsmonster, das mit steigender Anzahl Abkommen gleichsam einer Hydra wächst. Was das für die kleineren und mittelgrossen Kantonal- und Regionalbanken an administrativem Mehraufwand bedeutet, lässt sich erst erahnen. Ihre Stimme ist im kollektiven Beifall der Grossen untergegangen. Ganz nach dem Motto: Hauptsache, jene Banken, die für die ganze Misere verantwortlich sind, können für ihre fehlbaren Banker den Schutz vor Strafverfolgung erkaufen. Der Preis für diese Abkommen ist hoch. Wie viel einfacher und ebenso zielführend wäre es gewesen, die Vergangenheit zu regularisieren und den Vertragsstaaten die hinterzogenen Steuerbeträge einmalig abzugelten. Was die Zukunft anbetrifft, befinden wir uns nämlich jetzt schon auf dem geforderten internationalen Level. Die Schweiz hat sich auf die Umsetzung der international geltenden OECD-Standards verpflichtet und dies mit dem Ja zum Steueramtshilfegesetz nun auch fixiert. Mehr fordert eigentlich gar niemand von uns. Mehr bekommen wir auch vom Ausland nicht. Wer nun glaubt, Deutschland und Grossbritannien würden uns künftig ebenfalls Steuern abliefern, irrt sich gewaltig. Bei der Beratung des kollektiven Kapitalanlagegesetzes sind im Ständerat markante Verbesserungen realisiert worden. Das ist wichtig für den Finanzplatz und für Tausende von bedrohten Arbeitsplätzen im Fondsbereich. Ebenfalls erfreulich für die Wirtschaft sind die beschlossenen Massnahmen gegen Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Vor allem im Bauhaupt- und -nebengewerbe dürfte das für eine gewisse Entspannung sorgen. Mit dem Nein zur neuen Bonussteuer, die Unternehmen statt die avisierten Abzocker bestraft, ist der Weg für den indirekten Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative frei. Und damit für eine gute und massvolle Lösung. Zum Schluss noch dies: Der Ständerat hat sich mit 27 zu 17 Stimmen überraschend deutlich gegen die Einführung der Verfassungsgerichtsbarkeit ausgesprochen. Das Bundesgericht soll nicht das letzte Wort haben, wenn die Legislative respektive das Volk einen politischen Entscheid gefällt hat. Ein Sieg für unsere einmalige direkte Demokratie. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat. In Anbetracht des doch deutlichen Ergebnisses wäre der Nationalrat wohl gut beraten, sich dem Ständerat anzuschliessen. Sollten sich am Ende gleichwohl beide Räte für eine Verfassungsänderung aussprechen, hätte das Volk das letzte Wort. Das ist doch beruhigend. Und zumindest diesen Volksentscheid könnte das Bundesgericht noch nicht aushebeln.
Hannes Germann (SVP) ist Schaffhauser Ständerat.