Schaffhauser Nachrichten: «Als würde die Krise herbeigeredet»

Wegen des starken Frankens dürfen Schweizer Unternehmen seit dieser Woche Kurzarbeit beantragen. Die Massnahme, für die Bundesrat Johann Schneider-Ammann den Weg geebnet hat, ist jedoch nicht unumstritten.Symbolbild Key
Wegen des starken Frankens dürfen Schweizer Unternehmen seit dieser Woche Kurzarbeit beantragen. Die Massnahme, für die Bundesrat Johann Schneider-Ammann den Weg geebnet hat, ist jedoch nicht unumstritten.Symbolbild Key

Wie ist den Folgen der aktuellen Frankenhausse beizukommen? Die Schaffhauser Bundesparlamentarier Martina Munz, Thomas Hurter, Hannes Germann und Thomas Minder wiegeln ab.

Von Vanessa Buff

Wegen des starken Frankens dürfen Schweizer Unternehmen seit dieser Woche Kurzarbeit beantragen. Die Massnahme, für die Bundesrat Johann Schneider-Ammann den Weg geebnet hat, ist jedoch nicht unumstritten.Symbolbild Key
Wegen des starken Frankens dürfen Schweizer Unternehmen seit dieser Woche Kurzarbeit beantragen. Die Massnahme, für die Bundesrat Johann Schneider-Ammann den Weg geebnet hat, ist jedoch nicht unumstritten.Symbolbild Key

SCHAFFHAUSEN Die Schweizer Wirtschaft macht turbulente Zeiten durch: Vor zwei Wochen hob die Nationalbank (SNB) den Euro-Mindestkurs auf, in der Folge erstarkte der Franken und am Dienstag liess Bundesrat Johann Schneider-Ammann Währungsschwankungen als Grund für Kurzarbeit zu, um den Unternehmen etwas mehr Luft zu verschaffen. Am Mittwoch schliesslich meldete die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), die Schweiz rutsche im Sommer aufgrund der Frankenhausse in eine Rezession.

«Isolierte Massnahme»

Doch wie schlimm ist die Situation wirklich und welche Rezepte könnten helfen? Die Schaffhauser Bundesparlamentarier kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. «Mir scheint, als würde die Krise buchstäblich herbeigeredet. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt solche Konjunkturprognosen treffen zu wollen, halte ich für unseriös», sagt etwa Hannes Germann.Differenziert sieht der SVP-Ständerat auch den Entscheid, die Bedingungen für Kurzarbeit zu lockern; seiner Meinung nach gebe der Bundesrat dieses wichtige Instrument zu früh aus der Hand. «Bisher hat man immer von vollen Auftragsbüchern, voller Auslastung und Fachkräftemangel gehört», so Germann. Da die Massnahme zudem «recht isoliert» daherkomme, laufe der Bundesrat Gefahr, den Trumpf zu früh gespielt zu haben. «Ich hätte es begrüsst, wenn das Instrument Kurzarbeit Teil eines umfassenderen Pakets zur generellen Stärkung der Exportwirtschaft gewesen wäre.» Während Germann etwa eine Deregulierung des Finanzmarktes oder eine Verschärfung des Kartellrechts anspricht, legt die SP-Nationalrätin Martina Munz den Fokus auf eine Bildungsoffensive. «Grundsätzlich ist Kurzarbeit in der aktuellen Situation zwar ein gutes Instrument, gerade auch für eine Region wie Schaffhausen», sagt Munz. Gleichzeitig müssten die Unternehmen aber auch in der Lage sein, einen kurzen Auftragseinbruch zu überstehen; wollten sie sich längerfristig am Markt behaupten, müssten sie daher in ihre Belegschaft und in die Qualität der Ausbildung investieren. Und: «Die SNB hat bei ihrem Entscheid ganz sicher nicht mit einer Franken-Euro-Parität, wie wir sie jetzt haben, gerechnet. Wir müssen daher – zumindest vorübergehend – auch über einen erneuten Mindestkurs von 1.10 nachdenken.»

Hiesiges Gewerbe stützen

Auf Solidarität mit dem heimischen Gewerbe pocht derweil der parteilose Ständerat und Unternehmer Thomas Minder. «Unsere Volkswirtschaft kann nur funktionieren, wenn auch im Inland konsumiert wird. Wenn nun wegen des starken Frankens alle nach Deutschland fahren, um sich die Haare schneiden zu lassen, das Auto zu reparieren oder Fleisch einzukaufen, dann gehen die Coiffeure, Garagen und Metzgereien in der Schweiz über kurz oder lang kaputt.» Minder kritisiert, dass man in der Schweiz grundsätzlich alles haben wolle – gute Löhne, fairen Umgang mit den Arbeitskräften und gleichzeitig tiefe Preise. «Nehmen Sie das Beispiel Denner, wo seit Kurzem Cola aus Tschechien importiert wird, weil das Cola, das in der Schweiz hergestellt und abgefüllt wird, zu teuer ist. Coca-Cola in Tschechien generiert aber für uns null Wertschöpfung, keinen einzigen Arbeitsplatz. Da müssen wir ansetzen.» Der Schaffhauser Ständerat, der mit der Aussage, Einkaufstouristen handelten unpatriotisch, im «SonntagsBlick» für Aufsehen gesorgt hatte, wird heute Abend seinen Standpunkt auch in der SRF-Sendung «Arena» vertreten. Das Thema des Abends: «Ringen um Arbeitsplätze: drei Duelle zum harten Franken».

«Hier verdienen, hier ausgeben»

Minders Appell an die Konsumenten schliesst sich auch SVP-Nationalrat Thomas Hurter an. «Die Bevölkerung sollte sich bewusst sein, dass sie ihr Geld hier verdient und es daher auch hier ausgeben sollte.» Jeden Samstag nach Deutschland zum Einkaufen zu fahren, lohne sich zwar kurzfristig fürs Portemonnaie; langfristig jedoch würden dadurch Arbeitsplätze in der Schweiz gefährdet. Zentral sei für ihn aber auch, dass die Politik nun Ruhe bewahre und keine unnötige Panik verbreite, so Hurter. Aus seiner Sicht wäre es genau das Falsche, wenn nun neue Vorstösse lanciert oder gar neue Einschränkungen und Gesetze gefordert würden. «Stattdessen müssen wir nun Schranken abbauen und die Wirtschaft einfach mal machen lassen. So können wir die Situation packen.»