Nach nur einem Jahr im Amt verlässt CEO Ruth Mojentale die Ersparniskasse Schaffhausen (EKS). Was verbirgt sich hinter der plötzlichen Trennung? Personalabgänge und interne Differenzen haben das Ende herbeigeführt, wie im Gespräch mit Hannes Germann deutlich wird.
Robin Blanck

Das war ein kräftiger Rumpler in der Schaffhauser Bankenwelt: CEO Ruth Mojentale und die Ersparniskasse Schaffhausen (EKS) gehen getrennte Wege. Nach Medienberichten im Juli über Unruhe in der EKS hatte sich der Verwaltungsratspräsident Hannes Germann noch hinter die vor einem Jahr neu eingesetzte CEO gestellt, jetzt kommt es doch zur Trennung. Die SN sprachen mit Hannes Germann über die Hintergründe dieses Schrittes.
Vergangene Woche hat der Verwaltungsrat einen Wechsel an der Spitze der Ersparniskasse Schaffhausen kommuniziert: Die vor einem Jahr eingesetzte Ruth Mojentale verlässt ihren Posten. Wann ist dieser Entscheid gefallen, und welche Gründe gaben den Ausschlag für diesen Schritt?
Hannes Germann: Der Verwaltungsrat hat nach sorgfältiger Abwägung aller möglichen Optionen seinen Entscheid getroffen. Wir sind überzeugt, dass Claudio Steffenoni dank seines Wissens als Verwaltungsrat, seiner Erfahrung aus Bank- und Finanzwirtschaft und seiner Persönlichkeit die notwendigen Inputs am besten geben kann. Zudem kennt er den regionalen Bankenplatz à fonds.
Aber noch Ende Juli liessen Sie sich mit Blick auf die Unruhe im Unternehmen wie folgt zitieren: «Im Zuge solcher Veränderungen kann es zu personellen Veränderungen kommen – das ist in Phasen der Neuausrichtung nicht ungewöhnlich»: Jetzt ist doch alles anders – warum?
Der Entscheid ist gereift. Letztlich war die grosse Anzahl an personellen Abgängen ausschlaggebend. Ein Drittel innerhalb von einem halben Jahr, das ist einfach zu viel. Auch wenn die Fluktuation verschiedene Gründe hatte und nicht auf eine einzelne Person zurückzuführen ist, haben die personellen Abgänge zu erheblicher Verunsicherung geführt. Ein Entscheid war daher unumgänglich. Zudem gab es im Juli und August weitere Aussprachen mit der Belegschaft, die ans Licht gebracht haben, dass es unterschiedliche Positionen gibt – und diese hängen letztlich mit der Führung zusammen, welche die Gesamtverantwortung trägt. Im gegenseitigen Einvernehmen ist man dann zum Schluss gekommen, dass dies momentan für die Bank der beste Weg ist, der am schnellsten Ruhe in die operative Tätigkeit bringt. Zu lange darf Verunsicherung an der Kundenfront nicht dauern.
Zunächst erlebte die Bank aber den erwähnten Aderlass beim Personal …
Wenn Coach und Mannschaft im Sport nicht optimal harmonieren, drückt das auf die Stimmung. Ich mag nicht über die Gründe Einzelner lamentieren. Abgänge schmerzen immer, vor allem, wenn sie mit einem Know-how-Verlust einhergehen. Allerdings konnten wir bisher praktisch alle Positionen mit fähigen Leuten neu besetzen. Das Beziehungsnetz einzelner Geschäftsleitungsmitglieder hat dabei sehr geholfen. Darin gründet auch mein Optimismus für die Zukunft, dass wir aus den personellen Turbulenzen letztlich gestärkt hervorgehen werden.
Trotzdem stellt sich die Frage: War die Strategie falsch oder das Tempo zu hoch?
Die neue Leiterin war entschlossen und mit Nachdruck unterwegs. Das angeschlagene Tempo war sicher hoch und das Personal gefordert; zum Teil vielleicht sogar überfordert. Wenn hohes Tempo aber dazu führt, dass man korrigieren muss, belastet das die Belegschaft. Hier hätten wir uns das Vorgehen harmonischer gewünscht, gerade auch was die Zusammenarbeit im Führungsteam anbelangt.
Wann erfolgte die Information der Mitarbeitenden, und wie fielen die Reaktionen aus?
Die Information fand am letzten Donnerstag statt. Zuvor gab es eine Aussprache zwischen dem Verwaltungsrat, der Geschäftsleitung und Mitarbeitenden. Letztere haben erwartet, dass es zu einem Wechsel im Führungsgremium kommen wird. Also war es keine Überraschung.
Auch Kundinnen und Aktionäre mussten ins Bild gesetzt werden: Welche Reaktionen sind von dieser Seite eingegangen?
Einzige Aktionärin ist die gemeinnützige Stiftung der Ersparniskasse. Von dieser Seite gibt es keinerlei Problem. Die Kundschaft war wohl wie auch die Mitarbeitenden nicht sonderlich erstaunt über den Führungswechsel. Er hat sich abgezeichnet. Insgesamt gab es erstaunlich wenige Reaktionen. Wo immer Fragen auftauchen, suchen die zuständigen Kundenberater das Gespräch. Ein Blick auf die Kundengelder zeigt, dass das Vertrauen in die Ersparniskasse Schaffhausen ungebrochen hoch ist.
Ist die Bank denn noch funktionsfähig, oder steht nun eine Reorganisation an?
Wie bereits gesagt: Die Schlüsselstellen sind mit vielversprechenden und topmotivierten Leuten besetzt. Es braucht keine Reorganisation, aber eine sorgfältige Integration der neuen Mitarbeitenden in die bestehenden Teams. Das ist die eigentliche Herausforderung.
Welche Aufgaben sind für den neuen Interims-CEO jetzt vordringlich?
Am dringendsten ist die Stabilisierung der Personalsituation. Wenn die Geschäftsleitung und das Führungsteam geschlossen auftreten, kehrt auch die notwendige Ruhe wieder ein. Strategisch bleiben wir auf dem eingeschlagenen Kurs. Beides ist zentral für den künftigen Erfolg.
Man will also Ruhe in die Bank bringen: Welche Massnahmen braucht es kurz- und mittelfristig hierfür?
Als älteste Schaffhauser Bank mit sozialem Hintergrund hat die Ersparniskasse traditionell eine hohe Kundenbindung. Mit der strategischen Neuausrichtung zielten und zielen wir auf einen noch stärkeren und umfassenderen Kundenfokus ab. Um die gesetzten Zielsetzungen zu erreichen, müssen sich die Mitarbeitenden voll und ganz auf diese Aufgabe konzentrieren können. Das mag sich einfach anhören, ist aber im Geschäftsalltag nicht so ohne Weiteres zu gewährleisten. Denn zunächst müssen die neu gewonnenen Mitarbeitenden erfolgreich integriert werden. Was ich bisher sehe, stimmt mich allerdings zuversichtlich.
Wer ist für die Suche nach einem neuen CEO zuständig?
Der Verwaltungsrat. Und wir versprechen uns von der Interimslösung eine Stabilisierung der Bank in personeller Hinsicht. Daher stehen wir mit der Nachfolgelösung nicht unter Druck. Das erachte ich als gutes Vorzeichen für unsere Bank.
Was steht bei der Nachfolgelösung im Vordergrund, welches Kriterium hat oberste Priorität?
Ganz klar die operative Stabilität: Die Menschen müssen wissen, wohin die Reise geht, und sie müssen alle am gleichen Strick in die gleiche Richtung ziehen.
Nach nur einem Jahr kommt es zur Trennung von Ruth Mojentale: Hat auch der Verwaltungsrat bei der Besetzung vor einem Jahr Fehler gemacht?
Der Verwaltungsrat steht zu seiner Verantwortung. Uns ist bewusst, dass ein zweiter Wechsel innerhalb kurzer Zeit nicht ideal ist. Der Verwaltungsrat stand vor einem Jahr geschlossen hinter der Wahl, die zudem von einem professionellen Beratungsunternehmen eng begleitet wurde. Geleitet wurde der Entscheid von der Überzeugung, dass die neue CEO genau das mitbringt, was die Bank benötigt – Know-how, den notwendigen Drive und nicht zuletzt Erfahrung mit Digitalisierungsprojekten. Der Start erfolgte unter sehr guten Vorzeichen.
Bei einem solchen Wechsel ist die Finanzmarktaufsicht (Finma) involviert. Gibt es Auflagen von der Behörde?
Die Finma ist im Vorfeld des Wechsels vom Verwaltungsratspräsidenten persönlich, also von meiner Seite, informiert worden. Die Aufsichtsbehörde prüft nun wie üblich die «Gewähr einer einwandfreien Geschäftsführung». Das ist in diesem Fall wohl eher eine Formsache, zumal Claudio Steffenoni das Gewährserfordernis auch als Verwaltungsrat erfüllen musste.
Wie sieht der Zeitplan für die Nachfolge von Ruth Mojentale aus?
Der Verwaltungsrat steht weder in zeitlicher noch in personeller Hinsicht unter Druck. Nach dem Ausscheiden von Claudio Steffenoni aus dem Verwaltungsrat bedarf es einzig im Gremium der Oberaufsicht einer Komplettierung. Die neu formierte Geschäftsleitung, die Führungscrew sowie die verbleibenden wie auch die neuen Mitarbeitenden haben einen Vertrauensvorschuss verdient.