Schaffhauser Nachrichten: Beide Seiten wollen diskutieren

Im Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz bewegt sich etwas.«Es öffnen sich neue Chancen», sagte Aussenminister Guido Westerwelle in Bern.

Von Eveline Rutz

Nach einem Arbeitsessen auf dem Landgut Lohn traten gestern Nachmittag zwei «Freunde» vor die Mikrofone. «Wir sind nicht nur Nachbarn», sagte der deutsche Aussenminister Westerwelle. Daher müsse auch der Umgangston ein freundschaftlicher sein. Bundesrat Didier Burkhalter sprach von einem intensiven Kontakt, der weiter vertieft worden sei. In Sachen Steuerstreit wurden die beiden erstaunlich konkret. Beide Seiten sind bereit, das Thema erneut auf den Tisch zu bringen.

SPD will ein neues Abkommen

«Die Lösung, die wir in der Schweiz entwickelt haben, ist weiter möglich», sagte Burkhalter und sprach damit die Abgeltungssteuer an, die mit Grossbritannien und Österreich vereinbart wurde. Das Modell hätte seiner Meinung nach auch mit Deutschland einige Probleme gelöst. Westerwelle zeigte sich erfreut über «die konstruktive Haltung». Die Opposition in seiner Heimat bewege sich. «Es öffnen sich damit neue Chancen.» Tatsächlich sprach sich die SPD gestern für neue Verhandlungen aus. «Wir brauchen ein Abkommen, aber das muss die Schlupflöcher für Steuerhinterzieher wirksam schliessen», sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans gegenüber «Spiegel online». Die Schweizer Banken müssten aber das Geschäft mit Schwarzgeld aufgeben. Die SPD verlangt, dass ein neues Abkommen einen automatischen Informationsaustausch beinhaltet. Deutsche Steuerfahnder sollen zudem weiter die Möglichkeit haben, Steuerbetrüger zu verfolgen. «Eine pauschale und anonyme Amnestie wie beim ersten Abkommen darf es nicht geben», so Walter-Borjans. Burkhalter hatte sich in einem Interview mit «Bild am Sonntag» zum Steuerstreit geäussert. «Wenn Deutschland nach seiner Ablehnung das Gespräch mit uns suchen will, sind wir offen.» Der heutige Zustand mit rechtlich fragwürdigen CD-Käufen sei für beide Seiten unerfreulich. Deutsche Medien interpretierten dies vorschnell als «überraschendes Angebot aus der Schweiz». Die beiden Aussenminister vermieden es, von Nachverhandlungen zu sprechen. «Wir müssen jetzt erst einmal ausloten, wie es weitergehen kann», so Westerwelle. Die Deutschen könnten sich grundsätzlich nicht damit zufriedengeben, dass Steuerkriminalität aufgrund von Zufallsfunden bekämpft werde. Es brauche eine breite rechtsstaatliche Basis. Dabei müsse aber die Privatsphäre der Steuerzahler respektiert werden, stellte Burkhalter klar. Hannes Germann (SVP/SH), Präsident der Aussenpolitischen Kommission, äussert sich kritisch: «Vor den Wahlen sollten wir bestimmt nicht mehr verhandeln.» Deutschland habe die Offerte der Schweiz, das Modell der Abgeltungssteuer, ausgeschlagen. Mehr Spielraum gebe es nicht.