Der AHV-Steuer-Deal hat zwar gestern im Ständerat die erste Hürde genommen. Die Kritik an der Vorlage aber wächst – insbesondere an der Lex Zürich.
Von Maja Briner
BERN. Es sah nach der grossen Einigkeit aus: Einstimmig hat die Wirtschaftskommission des Ständerats kürzlich einen Vorschlag zur neuen Reform der Firmenbesteuerung, der Steuervorlage 17, auf den Weg gebracht. Der Ständerat stimmte diesem gestern ebenfalls deutlich zu. Und doch: Das Bild der breiten Eintracht zeigt langsam Risse. Nicht nur die Verknüpfung der Steuervorlage mit der AHV, sondern auch einzelne Anpassungen bei der Unternehmensbesteuerung werden zum Teil kritisiert. Zu reden gibt vor allem die geplante Lex Zürich: ein Steuerabzug für Firmen, den der Ständerat derart massgeschneidert hat, dass aktuell einzig der Kanton Zürich davon profitieren würde.
Kantone sehen sich ungerecht behandelt
Für Zürich ist dieses Instrument besonders wichtig. Andere Kantone sehen sich nun aber ungerecht behandelt. So sagt etwa der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP): «Wenn man die zinsbereinigte Gewinnsteuer einführt, sollte diese allen Kantonen offenstehen.» Die Ungleichbehandlung sei aus seiner Sicht verfassungswidrig. In die gleiche Kerbe schlägt der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann. Er bezeichnet die Lex Zürich als Sündenfall. Auch Schaffhausen würde das Instrument gerne anbieten, erklärt er. «Das würde es erlauben, den Steuersatz für alle Unternehmen viel weniger weit zu senken.»
Kritik kommt auch von ausserhalb der SVP. So sagt etwa der Zuger CVP-Ständerat und ehemalige Finanzdirektor Peter Hegglin: «Dieses Instrument sollte breiter angewendet werden können.»
Ueli Maurers beste Kuh
Finanzminister Ueli Maurer verteidigt die massgeschneiderte Lösung jedoch mit deutlichen Worten. Der SVP-Bundesrat verwies gestern im Ständerat auf die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Zürich für die gesamte Schweiz. Und er fügte an: «Es macht keinen Sinn, die beste Kuh nicht zu füttern – würde ich jetzt als alter Bauer sagen.»
Dass der Steuerabzug nicht für alle Kantone möglich sein soll, hat einen politischen Grund: In der Unternehmenssteuerreform, die an der Urne deutlich gescheitert war, war dieses Element in ähnlicher Form bereits enthalten – und besonders umstritten. Der Bundesrat wollte die sogenannte zinsbereinigte Gewinnsteuer deshalb ganz weglassen. Der Ständerat hat diese in einer abgeänderten Form wieder aufs Tapet gebracht, neu unter dem Namen «Abzug für Eigenfinanzierung». Nach Ansicht von Hannes Germann gibt es einen wichtigen Unterschied zur früheren Version: «Diesmal würden die Kantone ihn auf eigene Kosten einführen», betont er.
Die Mehrheit des Ständerats hielt gestern aber an der für Zürich massgeschneiderten Lösung fest. Der Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof wies daraufhin, dass auch andere Kantone den Abzug durchaus einführen könnten. Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Gegenzug die Gewinnsteuern erhöhen. Denn der Ständerat hat die Einführung unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass die Gewinnsteuern eine gewisse Höhe haben.
Maurer stellt sich hinter AHV-Deal
Trotz vereinzelt kritischer Stimmen sagte der Ständerat gestern deutlich Ja zur Steuervorlage 17. Er hiess auch die Verknüpfung mit der AHV-Sanierung gut, welche die Wirtschaftskommission vorgeschlagen hatte. Dadurch soll die Steuervorlage, mit der international verpönte Privilegien für Firmen abgeschafft werden, mehrheitsfähig gemacht werden. Finanzminister Ueli Maurer stellt sich hinter den umstrittenen AHV-Steuer-Deal: Er sprach von einem «kleinen Kunstwerk des politischen Kompromisses».
Tatsächlich hat sich bislang keine Partei ausser der GLP klar gegen die Verknüpfung positioniert. Im Ständerat stimmten einzig vier SVP- und ein BDP-Vertreter gegen die Vorlage. Im Trockenen ist diese aber noch nicht: Als Nächstes berät der Nationalrat darüber, und auch eine Volksabstimmung könnte es noch geben.
«Das ist Birchermüesli-Politik, da mache ich nicht mit»
Die Schaffhauser Ständeräte waren sich bei der Steuervorlage 17 nicht einig: Hannes Germann (SVP) stimmte für die Vorlage, Thomas Minder (parteilos) dagegen. Germann sagte, er halte die vorgeschlagene Lösung für pragmatisch. «Nun mag die Verknüpfung der Steuervorlage 17 mit der AHV keine Sternstunde unserer Demokratie sein», sagte er im Rat. Doch es handle sich auch nicht um einen Einzelfall, etwa beim bilateralen Paket hätten die Stimmbürger auch nur zum Gesamtprojekt Stellung beziehen können. Zudem – und dafür machte er sich stark – könne der Nationalrat ja die Vorlagen entkoppeln, sodass sie separat zur Abstimmung käme.
Für eine Entkoppelung wäre auch Ständerat Thomas Minder. Er habe sich überlegt, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dies hätte jedoch eine Rückweisung an die Kommission zur Folge gehabt, und da die Vorlage dringlich sei, hoffe er nun auf den Nationalrat. Ansonsten fand Minder wenig Gutes an den beiden verknüpften Vorlagen: «Der von der Kommission vorgeschlagene Entwurf ist vielleicht nicht gerade Wahnsinn, aber Blödsinn allemal.»
Die Verknüpfung von Sozialversicherung mit Wirtschafts- und Steuerpolitik sei schlicht ein Unding, sagte Minder. Die Vorlage verletze das Prinzip der Einheit der Materie, und dieses sei gerade bei referendumspflichtigen Vorlagen wichtig: «Das ist Birchermüesli-Politik, da mache ich nicht mit.» Zum Schluss lautete das Ergebnis 34 zu 5 Stimmen bei 5 Enthaltungen. (sk)