Nach dem grundsätzlichen Ja des Nationalrates zum UBS-Staatsvertrag geht das politische Ringen in die nächste Runde. Nun rückt die Frage ins Zentrum, ob ein Referendum möglich sein soll.
von Michael Brunner
Ist das nun ein Ja zum UBS-Staatsvertrag oder doch nicht wirklich? Bei den Mitteparteien wusste man gestern nicht so recht, ob man sich darüber freuen sollte, was der Nationalrat beschlossen hatte. Da war auf der einen Seite das formale Ja zum UBS-Staatsvertrag – und das war wichtig: Ein Nein hätte das definitive Aus für den Vertrag bedeutet. Da war auf der anderen Seite aber auch der Entscheid, den Vertrag dem fakultativen Referendum unterstellen zu wollen.
Das wiederum würde bedeuten, dass der Vertrag mit den USA nicht fristgerecht umgesetzt werden könnte. Die Supermacht müsste mindestens noch drei Monate länger warten, um an die über 4000 Dossiers von Steuersündern zu kommen. «Wer den Vertrag dem Referendum unterstellt, müsste ihn daher konsequenterweise gleich ablehnen», sagte FDP-Vizepräsident Markus Hutter verärgert. Relativ zuversichtlich zeigte sich FDP-Fraktionschefin Gabi Huber: «Das Spiel mit diesem Vertrag soll offenbar bis ganz zuletzt gespielt werden, leider.» Das heisst aber auch, dass Huber damit rechnet, dass die SVP auch in der Frage des Referendums letztlich dann doch einlenken wird.
Spuhler glaubt an Lösung
Zuversichtlich zeigte sich auch CVP-Präsident Christophe Darbellay. Und der Thurgauer FDP-Nationalrat Werner Messmer sprach von einem grossen Rutsch, der gestern stattgefunden hat. Selbst bei der SVP gibt man sich versöhnlich: «An der Referendumsfrage wird es jetzt kaum mehr scheitern», sagte der Thurgauer SVP-Nationalrat Peter Spuhler. Und Fraktionschef Caspar Baader signalisierte, dass die SVP sich auch in der Referendumsfrage enthalten könnte. «Wir haben immer gesagt, dass die Möglichkeit eines Referendums keine Bedingung für unsere Zustimmung zum Staatsvertrag ist.» Zusammengefasst lässt sich daher sagen, dass das Glas für die Befürworter des Staatsvertrags halb voll und nicht halb leer ist. Vieles deutet darauf hin, dass das Parlament bis zum Wochenende die letzten Stolpersteine aus dem Weg räumen kann. Konkret dürften nun der Ständerat und der Nationalrat heute in ihrer jeweils dritten Beratung an ihren Positionen festhalten. Der Ständerat würde sich also nochmals gegen, der Nationalrat für die Möglichkeit eines Referendums aussprechen. Danach käme voraussichtlich morgen die Einigungskonferenz zum Einsatz, deren Vorschlag danach beide Räte zustimmen dürften – weil ein Nein den ganzen Staatsvertrag zum Absturz bringen würde. Damit dürfte entscheidend sein, ob sich die Einigungskonferenz für oder gegen die Referendumsmöglichkeit ausspricht. Eine Prognose ist insofern schwierig, als sich das referendumsfreundliche Lager aus SVP und Linken sowie die Gegner aus FDP und CVP in der Einigungskonferenz die Waage halten. Erschwerend kommt für die Referendumsgegner hinzu, dass bei einem Unentschieden Eugen David als Präsident der Einigungskonferenz den Stichentscheid fällt. Der St. Galler CVP-Ständerat machte gestern klar, dass er sich in Abweichung der Linie seiner Partei weiterhin für die Möglichkeit eines Referendums ausspricht. «Es handelt sich um eine Gesetzesänderung. Das geht in der Schweiz nicht ohne Referendum.» Die USA müssten sich halt noch etwas gedulden. «Die EU muss jeweils auch auf unsere direkte Demokratie Rücksicht nehmen.» Die weit verbreitete Angst, die USA würden beinahe ihre Luftwaffe in Bewegung setzen, nur weil die Schweiz ein Referendum zulasse, sei absurd.
Gibt Germann den Ausschlag?
Trotzdem wird sich die Einigungskonferenz letztlich wohl knapp gegen die Referendumsmöglichkeit entscheiden. Den Ausschlag geben dürften die SVP-Ständeräte Maximilian Reimann (AG) und Hannes Germann (SH). Reimann ist klar gegen das Referendum. Germann tut sich schwerer: «Im Grundsatz bin ich für eine Referendumsmöglichkeit.» Aber weil dies faktisch einem Nein zum Staatsvertrag gleichkomme, werde er aus Verantwortungsbewusstsein einlenken. «Contre cœur. Dafür mit umso mehr Geist.»
Einigungskonferenz Die letzte Chance
Immer wenn nach je drei Beratungen in National- und Ständerat noch Differenzen bestehen, kommt die Einigungskonferenz zum Einsatz. Diese muss einen Kompromiss suchen. Zusammengesetzt wird die Einigungskonferenz aus Mitgliedern derjenigen Kommissionen, die das Geschäft vorberaten haben. Im konkreten Fall des UBS-Staatsvertrages sind dies die aussenpolitische Kommission des Ständerates und die Wirtschaftskommission des Nationalrates. Dabei nehmen alle 13 Mitglieder der Ständeratskommission Einsitz, während von den 26 Mitgliedern der Nationalratskommission nur jedes zweite in die Einigungskonferenz einziehen darf. Die Sitze werden proportional zur Stärke der Fraktionen im Nationalrat verteilt. Der Kommissionspräsident des Erstrates beim betreffenden Geschäft führt den Vorsitz und fällt gegebenenfalls den Stichentscheid. Hat die Einigungskonferenz entschieden, gibt es für die beiden Räte nur zwei Möglichkeiten: Der Lösung zustimmen oder sie ablehnen und damit die ganze Vorlage zu Fall bringen.