Die Wirtschaftskommission des Ständerates spielt den Ball dem Bundesrat und den neugewählten Parlamentariern zu. Von diesem Aufschub profitiert kaum jemand – ausser womöglich die Sache.
Reto Zanettin
BERN. Das Thema Eigenmietwertbesteuerung kommt abermals nicht vom Fleck. Die Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK) trat gestern zwar auf die Vorlage ein. Doch sie vertagte die Detailberatung auf den März des kommenden Jahres. Von dieser Verzögerung profitierten weder Befürworter noch Gegner, wie Monika Sommer, stellvertretende Direktorin des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV), die Lage analysiert. Aus ihren eigenen Reihen komme mehr und mehr Druck. Die HEV-Mitglieder drängten auf die Abschaffung des Eigenmietwertes, weshalb die erneute Verzögerung für Unmut sorge. «Und die Gegner der Vorlage werden auch nicht begeistert sein. Sie erhofften sich, dass die Kommission die Vorlage gleich ganz versenkt», argumentiert Sommer.
Aus der Sicht von Hannes Germann, SVP-Ständerat aus dem Kanton Schaffhausen, gibt es vor allem einen Gewinner des gestrigen Entscheids: «Vom Aufschub profitiert vor allem die Sache, da wir dem Parlament und den Stimmberechtigten eine möglichst mehrheitsfähige Vorlage präsentieren wollen.»
Neugewählte sollen entscheiden
Warum aber wurde die Detailberatung auf das Frühjahr 2020 verschoben, wenn aus heutiger Sicht kaum jemand etwas davon hat? Wie SVP-Ständerat Hannes Germann ausführt, hätten besonders inhaltliche Differenzen für einen Aufschub gesprochen. «In der Vernehmlassung haben die Kantone die Vorlage schlecht aufgenommen. Die Finanzdirektoren befürchteten Steuerausfälle, die Steuerkonferenz einen höheren administrativen Aufwand.» Auf ebenfalls wenig Gegenliebe aufseiten der Kantone seien ferner die fakultativen Abzüge für energetische Sanierungen gestossen, welche die WAK einführen wollte. «Ausserdem wollten wir keine Beschlüsse vorwegnehmen. Das neugewählte Parlament soll die Detailberatung aufnehmen und zu Ende führen.» Dieses Argument klingt für Monika Sommer plausibel: «Nach den Wahlen des Parlaments wird sich auch die WAK neu zusammensetzen. Jeder Beschluss der noch aktuellen Kommission hätte die Nachfolger politisch verpflichtet. Darum verzichtete man wohl auf die Detailberatung.»
Bundesrat beurteilt Gesamtlage
Im Weiteren ersucht die Kommission den Bundesrat um eine Stellungnahme, ob er einen Systemwechsel für angezeigt hält und wie ein ausgewogenes Paket aussehen müsste. Das sei zwar ungewöhnlich, räumt die WAK ein. «Doch das gesamte Paket ist recht komplex. Darum wollten wir keinen Schnellschuss riskieren», begründet Germann das Vorgehen. In der Tat sei die Befragung des Bundesrates etwas unkonventionell, findet auch Sommer und kennt nur einen Grund für die Anrufung der Landesregierung: «Der Bundesrat wird die Wohneigentumsbesteuerung im Gesamtkontext beurteilen können.»
Zum Beispiel könnte die Landesregierung einschätzen, wie sich die Eigenmietwertbesteuerung zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» verhält, die am 9. Februar 2020 an die Urne kommt. Diese Volksinitiative hatte der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) eingereicht. Der MV will das Angebot an preisgünstigen Wohnungen erhöhen. Im Zusammenhang mit der Eigenmietwertbesteuerung sei die Initiative problematisch, gibt Sommer zu bedenken. «Man kann nicht auf der einen Seite günstigen Wohnraum fördern und auf der anderen Seite den Eigenmietwert – ein rein fiktives Einkommen – besteuern.», argumentiert die stellvertretende HEV-Direktorin.
Wechselwirkungen wie diese solle der Bundesrat in seiner Stellungnahme aufarbeiten. Damit werde wohl auch deutlicher, wer welche Kosten und welchen Nutzen trage, wenn die Besteuerung des Eigenmietwertes gebodigt oder schliesslich doch erhalten bleiben würde.
Für Germann ist indes eines klar: «Würde sich auch der Bundesrat gegen die Reform stellen, tendierten die Chancen der Vorlage gegen Null. Wenn sie schliesslich ganz zu Fall kommt, wäre das Thema Eigenmietwertbesteuerung für viele Jahre vom Tisch.»