Die Schaffhauser Bundesparlamentarier fordern im Rahmen der Massnahmen zur Abfederung der Frankenstärke die explizite Berücksichtigung der Grenzregionen. Der Bund tut sich indes schwer mit der Definition solcher Gebiete.
von Daniel Jung und Raphaela Birrer
Die Nationalräte Hans-Jürg Fehr (SP) und Thomas Hurter (SVP) sowie Ständerat Hannes Germann (SVP) sind um das Schaffhauser Gewerbe besorgt: Nicht nur die Exportwirtschaft und der Tourismus, auch die in Grenznähe liegenden Gewerbebetriebe würden unter der Frankenstärke leiden, argumentieren sie. Im in der Herbstsession verabschiedeten ersten Massnahmenpaket zur Abfederung der Frankenstärke wurde dieser Wirtschaftsraum indes nicht speziell berücksichtigt. Fehr und Germann fordern daher im Rahmen des bevorstehenden zweiten Pakets gezielte Massnahmen. Fehr hat eine entsprechende Motion, Germann eine Interpellation eingereicht (vergleiche Kasten). «Ich höre von den Gewerbetreibenden aus der Region Schaffhausen noch immer, dass ihnen das Wasser bis zum Hals steht», sagt Fehr.
Gleich doppelt betroffen
Seine Partei, die SP, wollte bei den Diskussionen zum ersten Massnahmenpaket mit einem Fonds von über 1,2 Milliarden Franken von der Frankenstärke betroffene Exportunternehmen und Tourismusbetriebe direkt unterstützen. Da dieser Antrag scheiterte, will sie ihn nun bei den Verhandlungen zum zweiten Massnahmenpaket noch einmal vorbringen. Fehrs Motion soll präzisieren, dass auch grenznahe Unternehmen, die in existenzielle Schwierigkeiten geraten sind, einen Antrag auf Unterstützung stellen können. Auch Germann möchte mit seiner Interpellation im Hinblick auf die Verteildiskussionen um das zweite Massnahmenpaket klarmachen, dass neben Exportindustrie und Tourismus auch Grenzregionen wie Schaffhausen unter dem Wechselkurs leiden. Sie seien von der Frankenstärke gleich doppelt betroffen, sagt er. Einerseits leide der Detailhandel am Einkaufstourismus in die Nachbarländer. Andererseits konkurrenzierten ausländische Unternehmen einheimische Gewerbetreibende, weil sie ihren Mitarbeitern tiefere Löhne bezahlen könnten. Daher möchte Germann, dass der Bundesrat im zweiten Paket ein klares Signal zur Stärkung der Grenzregionen sendet. Er will vor allem, dass der Bund die Rahmenbedingungen für das heimische Gewerbe verbessert, unnötige bürokratische Hindernisse abbaut und steuerliche Erleichterungen ermöglicht. So hat Germann bereits bei den Diskussionen um das erste Paket die Vereinheitlichung des Mehrwertsteuersatzes im Gastgewerbe unterstützt. Für Speisen in der Hotellerie, in Take-aways und in Restaurants mit Sitzplätzen werden derzeit unterschiedliche Mehrwertsteuersätze verrechnet. Germann forderte einen einheitlichen, tiefen Satz. «Das hätte der Bundesrat relativ schnell einleiten können», sagt er. Weil dadurch aber Einnahmen ausgefallen wären, sei das Anliegen abgelehnt worden, obwohl es die Situation vereinfacht hätte, findet er. «Als Grenz- und Exportkanton leben wir von einer offenen Grenze», sagt Germann. Trotzdem fordert er zum Schutz der grenznahen Handwerker verstärkte Kontrollen gegen Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit. Der Detailhandel leide an hohen Importpreisen für internationale Markenprodukte. Dagegen könne im Kartellrecht vorgegangen werden. «Stattdessen motivierten hohe Vertreter des Bundes in letzter Zeit die Schweizer fahrlässigerweise sogar noch zu Auslandeinkäufen», sagt er. Daneben fragt er in seiner Interpellation, ob hausgemachte Beschränkungen, etwa bei der Verfügbarkeit von Parkplätzen bei Geschäften, nicht eine unnötige Benachteiligung seien.
«Kein stichhaltiges Argument»
Die Forderung nach einer expliziten Berücksichtigung des grenznahen Gewerbes dürfte indes schwierig umzusetzen sein: Als sich Thomas Hurter in der Herbstsession in der Fragestunde des Nationalrats danach erkundigte, meinte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, dass keine spezifischen regionalen Massnahmen vorgesehen seien. Zudem sei eine «Grenzregion» schwierig zu definieren. «Dieses Argument ist nicht stichhaltig», findet Fehr, und Hurter sieht die Antwort als eine Ausflucht. Auch die Wirtschaftsbereiche «Exportindustrie» und «Tourismus» seien definiert worden, und in anderen Gesetzesbereichen liessen sich durchaus sinnvolle Lösungen für die Bestimmung von grenznahen Regionen finden, sagt Fehr. Ob der Einsatz der Schaffhauser Parlamentarier Wirkung zeigen wird, lässt sich zwar noch nicht sagen, aber die Position des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) deutet in eine andere Richtung: «Die Importkonkurrenz ist in Grenzregionen zwar grösser. Diese umfassen aber neben Basel, Genf, Lugano und Schaffhausen auch Zürich und weitere Städte – mithin bald die ganze Schweiz. 75 Prozent der Schweizer Bevölkerung können in weniger als einer Stunde im billigeren Ausland einkaufen», sagt Pressesprecherin Nicole Müller.
Stichwort Unterstützung der Grenzregionen
Im Parlament setzen sich die Schaffhauser Bundesparlamentarier für das grenznahe Gewerbe ein. Ende September wurden zwei Vorstösse eingereicht. Hans-Jürg Fehr reichte die Motion «Frankenstärke. Unterstützung für grenznahes Gewerbe» ein. Das Gewerbe solle im Rahmen des zweiten Massnahmenpakets zur Bekämpfung der negativen Folgen der Frankenstärke staatliche Unterstützung erhalten. Hannes Germann macht in seiner Interpellation «Massnahmenplan für die Grenzregionen zur Abfederung der Frankenstärke» auf die Schwierigkeiten des grenznahen Gewerbes aufmerksam.