Politisch brisante Geschäfte hin oder her: Auch unter der Bundeshauskuppel war der Fall der Fifa das dominierende Thema. Es gab zum Glück aber keine Lex Fifa.
Van Hannes Germann
Da zeigt es doch der Blatter aus dem Oberwallis noch einmal allen gründlich. Lässt sich als strahlender Sieger feiern. Und verlässt die Fifa vier Tage später durch den Hinterausgang. «Haben wir’s doch immer geahnt», wird hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Zu komplex sind die Strukturen dieses gemeinnützigen, in allen Erdteilen und Ländern dieser Welt tätigen Vereins. Es gibt nach aussen weder Transparenz und schon gar keine demokratische Kontrollinstanz. Das ist wohl – bei allen Verdiensten für die vorbildliche Jugendarbeit in vielen Ländern – das Hauptproblem. Und nicht das Schweizer Wettbewerbsrecht (USG) oder gar das Strafrecht (StGB).
Eigentlich gilt in unserem Land zunächst die Unschuldsvermutung, wenigstens bei unserer Justiz. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die «Kronzeugen» selbst am meisten Dreck am Stecken haben. Doch wenn Onkel Sams Erben – oder vielleicht eher jene von Jesse James – mit der Justiz- und der Moralkeule zuschlagen, ist der Beschuldigte medial ohnehin schon vor einer allfälligen Anklage, geschweige denn einem Gerichtsurteil, gesellschaftlich erledigt. Wie auch immer: Der Ständerat hat der Versuchung widerstanden, bei der Verschärfung des Strafgesetzbuches unter dem Eindruck der Verhaftungswelle bei der Fifa und angesichts des medialen Drucks übers Ziel hinauszuschiessen. Mit dem Erfordernis, dass für ein Offizialdelikt im Korruptionsstrafrecht ein «öffentliches Interesse» vorhanden sein muss, hat der Ständerat eine wichtige Hürde eingebaut. Der Staatsanwalt muss nun nicht bei jeder Bagatelle von Amtes wegen tätig werden. Fälle wie das Milliardengeschäft einer WM-Vergabe sind erstens von öffentlichem Interesse und verstossen zweitens bereits nach heutigem Recht gegen das UWG. Gleichwohl trug der Entscheid dem Ständerat eine Medienschelte ein, aus der ich schliesse, dass dort jegliche Informationsbeschaffung in allen Fällen ohne eine Gegenleistung stattfindet. Honi soit qui mal y pense! Jedenfalls darf man gespannt sein, ob der Nationalrat das Strafrecht weiter ausdehnt. Erleichtert bin ich darüber, dass das resolute Vorgehen unserer Strafverfolgungsbehörden im Fall der Fifa ein Indiz dafür ist, dass unser bestehendes Rechtssystem funktioniert. Eine Stärke des Standortes Schweiz ist unser intakter Staatshaushalt. In Anbetracht drohender Defizite ist Ausgabendisziplin gefragt. Immer wenn es konkret wurde, kam es in der ersten Woche zu Aufstockungen – in beiden Räten. Sei es beim Güterverkehr, bei der Beteiligung an globalen Umweltprogrammen oder im Nationalrat bei der Kultur. Man verteilt eben lieber Geld, als haushälterisch damit umzugehen. Die Wahrheit und damit wohl die Ernüchterung werden auf dem Fuss respektive nach dem Wahljahr folgen. Im Rahmen des Entlastungsprogramms wird das Parlament nicht darum herumkommen, die Wahlversprechen zu revidieren. Will heissen, zu reduzieren oder zu brechen. Schade, mit etwas Disziplin wäre das nicht notwendig. Ein Schatten der anderen Art lag trotz sommerlicher Temperaturen über Bern. Der überraschende Tod von Norbert Neininger bewegte viele Parlamentarier, weit über die Kantonsgrenzen hinaus. Als Verleger der «Schaffhauser Nachrichten» hatte er sich mit den Grossen auf Augenhöhe bewegt. Sein verlegerisches Wirken, sein Kampf um die Unabhängigkeit der SN, für eine vielfältige Medienlandschaft, eine gerechtere Behandlung der Lokalradios und seine vorausschauende Art stiessen auf Respekt und Anerkennung. Noch in meinem Präsidialjahr brachte er die versammelte Verlegerelite zu einem Gedankenaustausch nach Bern. Die Medien haben ein Aushängeschild verloren und einen Kämpfer für ihre Sache, wir in Bern einen geschätzten Gesprächspartner, ich persönlich einen Freund und langjährigen Wegbereiter. Adieu, Nobi!
Hannes Germann ist Schaffhauser Ständerat (SVP).