Nachgefragt Hannes Germann, Ständerat (SVP/SH) und Mitglied der Wirtschafts- sowie der Finanzkommission
Von Doris Kleck
Der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann ist überrascht vom Zeitpunkt des Rücktritts von Philipp Hildebrand als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), hält ihn aber für richtig.
Philipp Hildebrand ist als Nationalbankpräsident zurückgetreten. Sie hatten seine Devisenkäufe schon früh kritisiert. Sind Sie zufrieden?
Hannes Germann: Letzten Endes ist ihm wohl nicht viel anderes übrig geblieben in dieser Situation. Dennoch bin ich überrascht, dass der Rücktritt so schnell kam. Ich war der Ansicht, dass die Vorwürfe nun zuerst seriös abgeklärt werden müssen.
Ist der Rücktritt richtig?
Germann: Sicher ist der Rücktritt ein Befreiungsschlag für die Nationalbank, für ihn persönlich und seine Familie.
Philipp Hildebrand hat letzte Woche Fehler zugegeben, er hat Reue gezeigt. Fehlt der Schweiz eine Fehlerkultur?
Germann: Nein, deshalb hat es mich ja so überrascht, dass er dennoch zurückgetreten ist. Das Einzige, was man nicht vermeiden konnte, ist, dass Hildebrand nicht aus den Schlagzeilen kam.
Alles in allem ist der Schritt für die Nationalbank also gut?
Germann: Fachlich gesehen und auch von seiner Person her ist Hildebrands Rücktritt natürlich ein Verlust für die Nationalbank. Doch jetzt kann sich die SNB wieder auf ihre wichtige Aufgabe konzentrieren. Währungspolitisch ist die SNB enorm gefordert. Sie muss weitere Schritte einleiten, um das für den Franken ungünstige Kursverhältnis zu verbessern. Daran muss die SNB sukzessive arbeiten – und dafür braucht es Einigkeit und auch das Vertrauen von Volk, Politik und Märkten. Dieses ist nun wiederhergestellt.
Sie teilen Befürchtungen nicht, dass Spekulanten nun die Kursuntergrenze herausfordern werden?
Germann: Das hätten sie schon längst tun können. Die Einführung der Kursuntergrenze hängt nicht an einer Person. Wenn die Nationalbank sagt, sie verteidige die Kursuntergrenze mit voller Konsequenz, dann hat das eine Wirkung. Bislang blieben die Attacken ja auch aus.
Wie beurteilen Sie die Leistung von Hildebrand als SNB-Präsident?
Germann: In letzter Zeit war die SNB-Politik sehr überzeugend. Der einzige Makel sind die übermässigen Eurostützungskäufe, die zu zweistelligen Milliardenverlusten führten und den Kantonen nun riesige Einnahmenausfälle bescheren. Aber im Nachhinein ist man immer gescheiter. Zudem wurde dieser Entscheid im Kollegium getroffen.
Hildebrand trat zurück, weil er seine Unschuld nicht restlos beweisen kann – das kommt einer Umkehr der Unschuldsvermutung gleich. Das ist bedenklich?
Germann: In diesem Fall ging es darum, die SNB aus der Schusslinie zu nehmen. Es gibt noch zahlreiche offene Fragen. Die externe Untersuchung, die der Bankrat am letzten Samstag eingeleitet hat, hätte noch über Monate wie ein Damoklesschwert über Hildebrand geschwebt.
In der Kritik steht auch der Bankrat. Wie beurteilen Sie seine Rolle?
Germann: Der Bankrat hat aus meiner Sicht zu wenig rasch gehandelt, hat die Dimensionen des Falles – wie übrigens auch der Bundesrat – heruntergespielt, das war schlecht. Immerhin hat er am letzten Samstag eine schonungslose Aufklärung angekündigt.
Wird die Aufsicht über die SNB zu wenig gut wahrgenommen?
Germann: Von aussen kann man das nicht beurteilen, möglicherweise wird die vom Bankrat angeordnete externe Untersuchung darüber Aufschluss geben. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass der Bankrat ein derart lasches Reglement über den Eigenhandel genehmigt hat, ohne zu realisieren, dass das fast einem Freipass für Währungsspekulationen gleichkommt.
Braucht es heutzutage für alles und jedes ein Reglement? Schaffen neue Regeln nicht nur neue Schlupflöcher?
Germann: Tatsächlich, für jeden Normalbürger ist es selbstverständlich, dass ein Direktoriumsmitglied der SNB, das über Insiderwissen verfügt und kursrelevante Entscheide fällt, nicht mit Devisen handelt. Es geht um eine ethische Grundhaltung. Bei Hildebrand fehlte die Sensibilität.
Trotzdem wird die Politik Lehren daraus ziehen. Welche?
Germann: Ich beharre darauf, dass Devisenspekulationen im grossen Stil verboten werden. Der Bankrat hat dazu einen ersten Pflock eingeschlagen. Transaktionen über 20 000 Franken sind nun bewilligungspflichtig.
Wie beurteilen Sie die Rolle der SVP? Es ist die Rede von einem Komplott.
Germann: Die Diskussion sollte man derzeit nicht primär über die Überbringer der Nachricht führen. Wichtig ist für mich, dass die Vorkommnisse auf den Tisch gekommen sind. Über den Weg wird es noch viel zu reden geben, doch im Fokus steht für mich, was für die Nationalbank relevant ist.