[Schaffhauser Nachrichten] Die NZZ kündigt grossen Stellenabbau an

Letzte Woche behandelte der Ständerat das Paket zur Medienförderung, diese Woche kommen die ersten Hiobsbotschaften aus den Medienhäusern.

Sidonia Küpfer

SCHAFFHAUSEN. Der «Tages-Anzeiger» mach- te gestern den Anfang. Wegen neuer Produktionsprozesse haben im Korrektorat zwei, in der Bildverarbeitung drei Personen die Kündigung erhalten. Gestern doppelte die NZZ nach: In einem schriftlich geführten Interview mit dem Branchenmagazin «persönlich», sagte CEO Felix Graf, dass es zu einem Stellenabbau kommen werde. Dieser solle unter 5 Prozent bleiben und vor allem das Marketing, die Logistik und den Vertrieb betreffen – also Bereiche ausserhalb der Redaktion. Es gelte eine Kostensenkung von «weniger als 10 Prozent» zu erzielen. Etwas anders sieht dies der Berufsverband Impressum: Er habe Informationen, wonach die Redaktion 3,9 Millionen Franken sparen müsse. Das dürfte nicht alles in Form von Personalkosten vonstatten gehen, dennoch rechnet die Gewerkschaft mit mehreren Dutzend Betroffenen in Form von Entlassungen, Frühpensionierungen und Pensenreduktionen. Urs Thalmann, Geschäftsleiter von Impressum, ist der Ansicht, dass die Redaktion auf einen empfindlichen Teil der Journalistinnen und Journalisten verzichten müsse, was sich «auf Qualität und Vielfalt» auswirken werde. Gestern Abend bestätigte die NZZ Mediengruppe, dass die Redaktion einen Beitrag von «weniger als 30 Prozent» von den rund 13 Millionen Franken Einsparungen stemmen müsse – und bestätigte so indirekt die Informationen von Impressum.

«Ausgerechnet jetzt»

Erst letzte Woche hat der Ständerat ein Bekenntnis zum Erhalt der Schweizer Medienvielfalt abgelegt und der vom Bundesrat angedachten Medienförderung in den allermeisten Punkten zugestimmt. Künftig soll der Beitrag an die indirekte Presseförderung erhöht werden, mit welcher die Zustellung der Printausgaben verbilligt wird. Als Nächstes behandelt die nationalrätliche Kommission das Geschäft. Ein etwas unglücklicher Zeitpunkt für einen Stellenabbau, wie Thalmann findet: «Ausgerechnet jetzt, da das Parlament auf Druck der Verleger die Medienförderung im Eiltempo behandelt, entlässt die NZZ im grossen Umfang Personal.»

Einer, der sich aktiv für eine finanzielle Stützung der Medien einsetzt, ist der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP). «Das ist natürlich ärgerlich, dass diese Sparankündigungen gerade jetzt kommen, nach diesem Bekenntnis zu Qualität und Medienvielfalt», sagt er. «Aber gleichzeitig bestätigt dies eben auch den Handlungsbedarf.» Er habe gehofft, dass mit der Kurzarbeitsentschädigung Entlassungen bei den Medien verhindert werden könnten. Der Entscheid des Bundesrates, dass die Kurzarbeit nicht verlängert werden könne, dürfte auch eine Rolle dabei gespielt haben, dass es nun doch so weit kommt, sagt Germann.

Germann sieht es anders als die SVP

Mit seiner Position stand Germann in seiner SVP eher einsam da. Der parteilose, aber in der SVP-Fraktion politisierende Schaffhauser Ständerat Thomas Minder etwa kritisierte die Beiträge in scharfen Worten.

Auch in der Medienbranche ist die Sorge vor einem Herbst voller Stellenabbau gross. Könnte dies der Auftakt zu einer Kündigungswelle sein? «Konkrete Signale aus anderen Medienhäusern, dass auch sie Personal abbauen werden, haben wir nicht», sagt Thalmann. «Aber ihre Aussagen über den Einbruch im Inserategeschäft sind natürlich nicht ermutigend.»

NZZ will 400 000 Bezahl-Abos bis 2030

Die Sparziele der NZZ sind Teil einer «Strategieschärfung», wie das Unternehmen gestern Abend mitteilte. Ziel ist es vor ­allem, die Anzahl bezahlender Abonnenten zu erhöhen. In einem ersten Schritt sollen die aktuell 187 000 Abonnenten bis 2022 auf 200 000 erhöht werden. Bis 2030 sollen es gar 400 000 Nutzer sein. Wachstumspotenzial macht die NZZ vor allem im digitalen Bereich aus. Darum baut sie auch das digitale Produktportfolio aus. Kurzfristig ist bemerkenswert, dass die einst dicke NZZ werktags auf 32 redaktionelle Seiten beschränkt wird.