Schaffhauser Nachrichten: Die Volkswirtschaft vor Schaden bewahren

Die Finanzkrise schlägt voll auf die Schweiz durch. Um grösseren volkswirtschaftlichen Schaden abzuwenden, sind staatliche Massnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes unumgänglich.

von Hannes Germann

Die bevorstehende Wintersession verspricht spannend zu werden, nicht zuletzt wegen der am 10. Dezember anstehenden Bundesratswahl. Im Schatten dieses wohl medial alles überstrahlenden Ereignisses werden Weichenstellungen vorgenommen, die für unser Land und unsere Wirtschaft von erstrangiger Bedeutung sind. Es geht darum, die Weichen so zu stellen, dass unser Land die Folgen der Finanzkrise lindern kann. Im weitesten Sinne also um Schadensbegrenzung.

Eine Art Schadensbegrenzung haben am Donnerstag auch die Aktionäre der UBS mit der Zustimmung zu einer bedingten Erhöhung des Aktienkapitals um nominal 36,5 Millionen Franken begangen. Normalerweise tangiert ein derartiger Unternehmensentscheid die Bundespolitik nicht wirklich. Für einmal ist das Gegenteil der Fall. Die neuen Aktien werden nämlich dereinst zur Ablösung der auf maximal 30 Monate limitierten Pflichtwandelanleihe des Bundes im Umfang von 6 Milliarden Franken dienen. Die 6 Milliarden Franken zur Rekapitalisierung der UBS sind eine Art Widerlager der Brücke, die der Bund zur Stabilisierung der wegen ihres unsäglichen Finanzgebarens im US-Investmentbanking in Schieflage geratenen Grossbank errichtet. Der ordnungspolitische Sündenfall wird den Finanzpolitikern aus finanzieller Sicht insofern mit einem Trostpflaster versehen, als die Pflichtwandelanleihe mit einem Coupon von 12,5 Prozent ausserordentlich hoch verzinst ist. Das bringt der Bundeskasse immerhin einen Bruttozins von jährlich 750 Millionen (netto rund 600 Millionen) ein. Wir beantragen dem Ständerat namens der Finanzkommission mit 9 gegen 1 Stimmen, dem Nachtrag II zum Budget 2008 zuzustimmen. Dies im Wissen um all das, was nicht nur für den Finanzplatz, sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft Schweiz auf dem Spiel steht. Die Einsicht, dass sich die Schweiz den Kollaps einer der beiden global tätigen Grossbanken schlicht nicht leisten kann, muss nachdenklich stimmen. Das Widerlager auf der andern Seite der rettenden UBS-Brücke sind die 60 Milliarden US-Dollar, welche die Schweizerische Nationalbank (SNB) in eine Zweckgesellschaft einbringt. Dank des SNB-Finanzengagements kann sich die UBS illiquider Aktiven in Höhe von maximal 60 Milliarden US-Dollar ent-ledigen. Die fragwürdigen Wertpapiere aus den verbrieften US-Hypotheken (alle mit Triple-A-Gütesiegel – welch ein Schwindel!) sollen somit erst dann veräussert werden, wenn wieder ein Markt dafür besteht. Dem Begehren der Finanzkommission, den Sitz der Zweckgesellschaft statt auf den Cayman Islands in der Schweiz zu etablieren, ist dieser Tage Rechnung getragen worden. Ob die Rechnung unter dem Strich dereinst auch für den Bund aufgeht, wird sich weisen müssen. Beim zweiten Teil des Massnahmenpaketes zur Stabilisierung des Schweizer Finanzsystems geht es im Gegensatz zum Finanzpaket für die UBS nicht um eine Rettungsmassnahme, sondern um die generelle Stärkung des Vertrauens in unseren Finanzplatz. So werden Einlagen von Sparern künftig nicht nur bis 30 000 Franken, sondern bis zu einer Höhe von 100 000 Franken geschützt. Damit gewährt die Schweiz einen Einlegerschutz, der über dem Niveau der europäischen Nachbarn liegt. Die sogenannte Systemobergrenze wird von 4 auf 6 Milliarden Franken erhöht, womit künftig immerhin 1,7 Prozent des Volumens aller Einlagen gedeckt sind. Ausserdem enthält das Massnahmenpaket weitere Elemente wie die Nachbesserung der Aktienrechtsreform durch zusätzliche Regulierungen der Entschädigungssysteme. Fazit: Die Politik muss das Versagen der Wirtschaft korrigieren. Sie tut es – ob gern oder nicht –, weil es schlicht unumgänglich ist.