Die Wirtschaftskommission des Ständerats hat gestern ein neues System zur Besteuerung von Wohneigentum beschlossen. Der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann ist über die Abschaffung dieses «Ärgernisses» froh und vertraut auf breite Unterstützung.
Von Clarissa Rohrbach
BERN. Die Hauseigentümer atmen auf. Lange haben sie sich über den Eigenmietwert beklagt, empfanden ihn als den Gipfel der Ungerechtigkeit. Diesen Betrag mussten Personen, die in ihrem Eigentum wohnen, versteuern. Es handelt sich um das Geld, das sie eingenommen hätten, wenn sie die Wohnung vermietet hätten. Gestern hat nun die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK) die Eckwerte für ein neues System beschlossen. Im Kern: Der Eigenmietwert soll abgeschafft werden, dabei fallen die Abzüge für Unterhaltskosten und Hypothekarzinsen auch weg.
«Es war für viele ein Ärgernis, für ein fiktives Einkommen Steuern zu bezahlen», sagt Ständerat Hannes Germann (SVP/SH), der auch in der WAK sitzt. Er ist erleichtert über den Durchbruch, man habe jahrelang an einer Lösung gearbeitet. Die Chancen für das Vorhaben sieht er als gut an, obwohl vergangene Versuche, den Eigenmietwert abzuschaffen, gescheitert sind. Letztes Mal 2012, als die Initiative «Sicheres Wohnen im Alter» abgelehnt wurde. Laut Germann stimmte die Bevölkerung gegen ein Rentnerprivileg, doch beim neuen Konzept zählt er auf breite Unterstützung.
Nicht weniger Steuern
Laut Germann ist der Eigenmietwert ein Unikum in Europa. Kein anderes Land versteuere ein Einkommen, das es gar nicht gebe. Vor allem ältere Menschen seien deswegen gezwungen gewesen, ihre Wohnung zu verlassen. Der öffentliche Druck auf den Eigenmietwert sei gestiegen, vor allem in den letzten Jahren, seit die Hypothekarzinsen so tief lagen. Trotzdem bedeutet das neue System nicht weniger Steuern für die Hauseigentümer. Laut WAK ist der Wechsel staatshaushaltsneutral. Er kommt vor allem Hauseigentümern, die ihre Hypothekarschulden abbezahlt haben, entgegen. So schaffe man einen Anreiz, die ohnehin schon hohen Schulden der Privathaushalte abzubauen, meint Germann. Mit einem zusätzlichen Punkt soll aber der Ersterwerb von Eigentum erleichtert werden. Personen, die zum ersten Mal ein Haus oder eine Wohnung kaufen, dürfen die Schuldzinsen in den ersten zehn Jahren abziehen. Der Abzug soll sukzessive reduziert werden.
Die WAK beruft sich auf die Verfassung, welche die Förderung des Wohneigentums vorschreibt. «Das braucht’s, sonst könnten Junge keine Wohnung mehr kaufen», meint Germann. Dass das neue Konzept nicht für Zweitwohnungen gilt, hält er für vernünftig. «Die Bergkantone hätten eine Abschaffung des Eigenmietwerts nie akzeptiert.»
Abzüge waren Anreiz
Doch Germann gibt sich vorsichtig: «Man weiss nie, ob sich ein Systemwechsel auch bewährt.» Obwohl das Konzept zurzeit begrüsst wird, kann er sich vorstellen, dass das Fehlen von Abzügen noch zu Diskussionen führen wird. Schliesslich seien diese immer ein Anreiz gewesen. Die WAK hat nun die Verwaltung beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten. Diese soll im ersten Quartal 2019 besprochen werden. Laut Germann wird der Ständerat bei seiner Position bleiben. Weniger sicher ist er sich beim Nationalrat. «Wir werden bestimmt um einige Details feilschen müssen.»
Hannes Germann Ständerat (SVP/SH): «Es war für viele ein Ärgernis, für ein fiktives Einkommen Steuern zu bezahlen.»