Schaffhauser Nachrichten: Eigenständige Feiern trotz Fusionen

Ständerat Hannes Germann sprach an der «Happy Birthday Helvetia»-Party in der RockArena in Herblingen. Bild Michael Kessler
Ständerat Hannes Germann sprach an der «Happy Birthday Helvetia»-Party in der RockArena in Herblingen. Bild Michael Kessler

Nicht nur im Zentrum der Stadt Schaffhausen wird eine 1.-August-Feier durchgeführt – in verschiedenen Stadt-«Quartieren» wird weiter separat gefeiert.

Ständerat Hannes Germann sprach an der «Happy Birthday Helvetia»-Party in der RockArena in Herblingen. Bild Michael Kessler
Ständerat Hannes Germann sprach an der «Happy Birthday Helvetia»-Party in der RockArena in Herblingen. Bild Michael Kessler

In der Stadt wird trotz Eingemeindungen und Fusionen in mehreren früheren Gemeinden noch immer separat gefeiert: Bereits seit 1947 gehört Buchthalen zur Stadt, dennoch beginnt der Reigen der Feierlichkeiten dort traditionellerweise bereits am Abend des 31. Juli auf dem Lindenplatz. Diesmal hatte der Quartierverein Daniel Preisig eingeladen, der so erstmals als Stadtrat eine 1.-August-Rede halten durfte. Und natürlich hatte er Blumen mit dabei: Buchthalen habe sich seinen dörflichen Charakter und seine hohe Lebensqualität bewahrt. Man habe Grund, auf die Willensnation Schweiz stolz zu sein, in der weder Abstammung noch Sprache oder Religion über die Zugehörigkeit entscheide, sondern allein der Wille, zusammen eine Gemeinschaft mit bestimmten demokratischen Regeln zu bilden. Dieses Erfolgsrezept sei laut Preisig aber in Gefahr: Globalisierung und Harmonisierung würden dem Modell Schweiz ebenso zuwiderlaufen wie Einbindungstendenzen der EU. Der Föderalismus werde stetig durch Zentralisierung untergraben, die Gemeinden je länger, je mehr entmachtet. Er rief deshalb dazu auf, dem Fundament der Schweiz – der direkten Demokratie und dem Föderalismus – Sorge zu tragen. «Bleiben Sie kritisch, und gehen Sie abstimmen und wählen», sagte Preisig, der am Samstag noch in Merishausen als Redner geladen war, «und sagen Sie an der Urne auch mal Nein, wenn es nötig ist!»

Auf Verbindendes setzen

Die Umgebung und das Motto würden doch ein wenig von den traditionellen Feiern abweichen, sagte Ständerat Hannes Germann bei seiner Festrede in der Herblinger RockArena. Dort fand am Samstag die «Happy Birthday Helvetia»-Sause statt. Zahlreiche Marktstände, Kinderunterhaltung, Konzerte und ein Feuerwerk zu späterer Stunde boten Unterhaltung für jedermann. Da er unkonventionelle Ideen und Herausforderungen möge, habe er gerne zugesagt, hier als Festredner aufzutreten. Sein Leitgedanke – «Das Verbindende betonen, den Gemeinsinn stärken» – sei hingegen eher konventionell, sagte Germann. Heute setze man weniger auf das Verbindende als viel mehr auf das Trennende. «Interessant ist, worüber sich die Leute streiten, was Stunk macht.» Dabei hätten wir Schweizer viel Gemeinsames, das uns verbinde. Eine vielfältige Geschichte zum Beispiel. Oder den ausgeprägten Willen zur Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Deshalb sei es wichtig, sich für gemeinsame Anliegen einzusetzen und sich persönlich zu engagieren. Ob in der Gemeinde, einem Verein oder sonst einer gemeinnützigen Organisation, Möglichkeiten, sich persönlich zu engagieren, gebe es zahlreiche. «Das stiftet Gemeinsinn und lässt vielfältige Interessen zum Wohl der Gemeinschaft bündeln.»

Geschichte aus erster Hand

In traditionellem Rahmen verlief hingegen die Bundesfeier im bis auf den letzten Platz besetzten Bistro des Alters- und Pflegeheims La Résidence. Während Bewohnende und Angehörige, nach der Begrüssung durch Heimleiter Karl Müller, sich am reichhaltigen Dessertbuffet gütlich taten, unterhielten sie die Solojodlerin Gitta Möri und der Akkordeonist Leo Inauen. Zu einem geschichtlichen Exkurs holte Kantonsratspräsident Peter Scheck in seiner prägnanten Ansprache aus. Gab es die Gründungsurkunde der Eidgenossenschaft aus dem Jahre 1291 wirklich? Diese Frage zum erst im 19. Jahrhundert aufgefundenen Do- kument stellte er in den Raum. Tatsächlich stattgefunden hätten die Schlachten am Morgarten, bei Laupen, Sempach und Näfels, nach denen die Eidgenossenschaft immer stärker geworden sei. Schillers Drama von Wilhelm Tell sei für viele junge Schweizer zur Pflichtlektüre in der Schule geworden. Aus dem Überfall von Napoleon hätten die Schweizer gelernt zusammenzustehen, was sich im Ersten und Zweiten Weltkrieg bewährt habe. An die älteren Bewohner der La Résidence gewandt, sagte Peter Scheck: «Viele von Ihnen haben unserem Land damals über die schwierigen Zeiten hinweggeholfen und damit den Grundstein für den heutigen Wohlstand gelegt. Wir sind Ihnen dafür zu grossem Dank verpflichtet.»

Identität bewahren

«Vor 925 Jahren hat es den Nationalfeiertag noch nicht gegeben», begann Stadtrat Urs Hunziker seine Rede an der gut besuchten Bundesfeier in der Hemmentaler Turnhalle. «Aber es hat dieses Dorf schon gegeben, das Ihnen allen ans Herz gewachsen ist.» 1090, so Hunziker, sei Hemmental zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden. Auch ihm selbst – der Stadtrat wohnt seit einigen Jahren hier – sei Hemmental ans Herz gewachsen. An keinem seiner früheren Wohnorte seien der Zusammenhalt und die Hilfsbe- reitschaft so gross gewesen wie hier. Hemmental habe es geschafft, trotz der Eingemeindung im Jahr 2009 seine eigene Identität und seinen unverwechselbaren Charakter zu bewahren. Dies sei nicht zuletzt den vielen Vereinen zu verdanken, die bewusst oder unbewusst den Zusammenhalt stärken würden. Hemmental, so Hunziker, sei ein vorbildliches Beispiel für andere Gemeinden, in denen sich die Frage einer Fusion ebenfalls stelle. Das Dorf habe sich seit der Eingemeindung moderat entwickelt, die Bevölkerung wachse. Zum Schluss seiner Rede begrüsste Hunziker alle Neubürger mit den Worten: «Lassen Sie sich vom Hemmentaler Virus infizieren».(rob/psc/sba/wb)