Schaffhauser Nachrichten: EU-Beitritt soll wieder Thema werden

In der SP wird gefordert, der Bundesrat solle nicht nur ein Rahmenabkommen verhandeln.

Von Eveline Rutz

Bern Ein EU-Beitritt soll wieder aufs Tapet kommen. Dies verlangt der Baselbieter SP-Nationalrat Eric Nussbaumer. «Man sollte sich nicht zu früh einschränken», sagt er zu den Plänen des Bundesrates, mit der EU ein institutionelles Rahmenabkommen auszuhandeln und Empfehlungen des Europäischen Gerichtshofes zu akzeptieren (siehe Artikel rechts). Parallel seien auch die Vor- und Nachteile einer EU-Mitgliedschaft zu prüfen. Geht es nach Nussbaumer, könnte man in wenigen Jahren zwischen zwei Varianten entscheiden. «Im Moment werden wir überrollt», sagt der SP-Nationalrat. In entscheidenden Fragen orientiere sich die Schweiz an der EU, ohne bei der Gesetzgebung etwas zu sagen zu haben. Dies und nicht ein allfälliger EU-Beitritt bedeute einen Souveränitätsverlust. «Wenn wir in der EU wären, könnten wir Verbündete suchen.» Dass die kleine Schweiz im Staatengebilde nur wenig zu sagen hätte, glaubt er nicht. Entscheidend seien die politischen Figuren und nicht die Grösse. So habe in jüngster Zeit Luxemburg mit Jean-Claude Juncker eine führende Rolle gespielt. In der EU sei nicht alles perfekt, räumt Nussbaumer ein. «Es braucht weitere Entwicklungsschritte, welche die Schweiz mitprägen könnte.»

SP-Fraktionspräsident Andy Tschümperlin teilt diese Ansicht. «Es ist besser, mitzutragen und mitzugestalten, als sich abzuschotten.» Der bilaterale Weg sei nach dem EWR-Nein attraktiv gewesen. Das heisse jedoch nicht, dass er es auch bleibe. «Denkverbote sind kontraproduktiv.» Juso-Präsident David Roth stimmt zu. Beide Optionen seien abzuwägen. Am Schluss sei jene zu bevorzugen, bei der die demokratische Mitbestimmung grösser sei. Forcieren müsse die SP einen EU-Beitritt allerdings nicht. «Sie kann gelassen abwarten, bis die Zeit reif ist und auch die Bürgerlichen keinen anderen Weg mehr sehen.» Im Moment sei eine EU-Mitgliedschaft im Volk kaum mehrheitsfähig, sagt Nationalrätin Claudia Friedl (SP/SG). Solche Verhandlungen dauerten jedoch mehrere Jahre. «In dieser Zeit wird sich die EU auch weiterentwickeln.»


«Taktisch ungeschickt»

Das Vorgehen würde den Volkswillen untergraben, kritisiert Hannes Germann (SVP/SH), Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats. Es sei zudem taktisch ungeschickt: «Wenn wir einen Beitritt offerieren, hat die EU kein Interesse mehr daran, uns entgegenzukommen.» Die Schweiz würde ihre Verhandlungsposition entscheidend schwächen, moniert auch Gerhard Pfister (SVP/ZG). Im Moment gebe es gar keinen Grund, vom bewährten Weg abzurücken. «Wir brauchen von der EU nichts Drängendes.» Auf offene Ohren stösst Nussbaumers Idee bei Christa Markwalder, Präsidentin der Nebs (Neue Europäische Bewegung Schweiz). Die Schweiz übernehme gleich viel EU-Recht wie Österreich, sagt sie. Dessen sei sich ein Grossteil der Bevölkerung einfach nicht bewusst. «Wir müssten nichts aufgeben», betont die FDP-Nationalrätin. Jedes Mitglied lege selbst fest, wie es seine Bürger einbeziehe. «Die direkte Demokratie ist absolut EU-kompatibel.» Die grosse Skepsis in der Bevölkerung führt Nussbaumer auch auf fehlende Information zurück. So werde die Eurozone mit der EU gleichgestellt, und es werde zu wenig wahrgenommen, was der Lissabon-Vertrag an demokratischen Rechten gebracht habe. Als Land mitten in Europa habe die Schweiz auch etwas beizutragen, findet er.

Brüssel Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission haben gestern in Brüssel in einer Arbeitsgruppe über das gemeinsame Arbeitspapier der EU und der Schweiz zur Lösung der «institutionellen Fragen» beraten. Laut einem Sprecher des auswärtigen Dienstes der EU ist die EU-Kommission bereit, mit der Schweiz über den «dritten Weg» zu diskutieren. Yves Rossier, Staatssekretär beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten, und sein europäischer Amtskollege David O’Sullivan hatten in einem Arbeitspapier drei Möglichkeiten identifiziert, wie die «institutionelle Frage» gelöst werden kann. Gemäss dem Sprecher des auswärtigen Dienstes wird sich die EU nach der Sommerpause mit dem Thema der «institutionellen Frage» wieder befassen. (sda)