Schaffhauser Nachrichten: Geld und Geist

Mehr Wettbewerb – aber mit gleich langen Spiessen

Von Hannes Germann

Was tun, damit es wieder aufwärts geht? Damit in unserem Land der Wohlstandsvorsprung nicht weiter schmilzt? Damit uns allen wieder mehr zum Leben bleibt? Um Letzteres zu erreichen, wäre eine Zustimmung am 16. Mai zu den vorgeschlagenen steuerlichen Entlastungen für Wirtschaft, Familien und Mittelstand zweifellos ein erster, kurzfristig realisierbarer Schritt. Doch um erfolgreich auf den Wachstumspfad zurückzufinden, reicht das nicht. Es braucht eine Vielzahl kleiner Massnahmen, um die erwünschte grosse Wirkung zu erlangen.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unterbreitet dem Mitgliedland Schweiz in dem im Januar 2004 vorgelegten «Economic Survey» eine ganze Reihe von Empfehlungen. Begrüsst werden unter anderem die leicht gelockerte Geldpolitik der Nationalbank, aber auch das massvolle Entlastungsprogramm 2003, mit dem das verhängnisvolle Ausgabenwachstum der öffentlichen Hand zumindest gedämpft wird. Gebrochen ist der Schuldentrend freilich noch nicht, wie man auch ausserhalb unseres Landes nüchtern feststellt. Dazu braucht es weitere Schritte. Vielleicht schmerzhafte, sicher aber mutige.
Fest steht wohl auch, dass es sich bei unserer Wachstumsschwäche nicht einfach um ein unvermeidbares Schicksal handelt. Das sieht auch die Landesregierung in ihrer neuen Zusammensetzung so. Am 18. Februar hat der Bundesrat einen 17-Punkte-Plan vorgelegt. Ein Wachstumspaket, das u. a. mehr Wettbewerb auf dem Binnenmarkt, die Begrenzung der Abgabelast, eine Optimierung der Staatstätigkeit, die wachstumsfördernde Ausgestaltung des Wirtschaftsrechts und die Sicherung eines wettbewerbsfähigen Bildungssystems fordert. Gerade die Bildung, Schlüsselfaktor für die Schweiz und Paradedisziplin vergangener Jahrzehnte, ist durch die Pisa-Studie in arge Schieflage geraten. Spitze ist die Schweiz in der Bildung offenbar nur noch bei den Ausgaben, nicht im Volksschul-, sondern vielmehr im Universitäts- und Hochschulbereich. Das lässt sich nur durch klare Zielvorgaben und mehr Wettbewerb ändern! Apropos mehr Wettbewerb auf dem Binnenmarkt: Das tönt zwar gut, ist auch notwendig, konkret aber nicht ganz einfach. Ein Beispiel gefällig? Durch unser geltendes Raumplanungsrecht wird Bauland bewusst verknappt und damit verteuert, die Verfahren sind aufwendig und kostenintensiv. Dazu kommt mit dem extensiven Beschwerderecht ein weiteres kostentreibendes Element hinzu. Die Coop kann mit ihrem Einkaufszentrum in Bachenbülach ein Klagelied von Verhinderungsaktionen (Verbandbeschwerde VCS!) diesseits der Grenze singen.
Während hierzulande vernünftige Projekte monatelang blockiert sind, stampfen Aldi, Lidl und wie sie alle heissen, entlang der Grenze einen Einkaufsmarkt nach dem andern aus dem Boden. Alle mit genügend Gratisparkplätzen! Dort tragen Scharen von Schweizern ihr Geld hin, kaufen billig ein – und wundern sich dann, wenn plötzlich der eigene Arbeitsplatz gefährdet ist oder der Lohn stagniert. Der Bund fördert den fragwürdigen Einkaufstourismus nebst den viel zu vielen Auflagen auch noch mit einer wesentlich höheren Zollfreigrenze beim Warenimport. Ob da nicht auch ein Umdenken nötig ist? Wettbewerb ist gut, aber eben nur, wenn die Spiesse gleich lang sind.