[Schaffhauser Nachrichten] Gemischte Reaktionen auf «Suisse Secrets»

Die Enthüllungen rund um die geleakten Bankdaten der Credit Suisse beschäftigen auch die Parlamentarier in Bern. Linksgrün fordert stärkere Mass­nahmen gegen Korruption und Steuerkriminalität. Bürgerliche reagieren zurückhaltender.

Rico Steinemann

BERN/SCHAFFHAUSEN. Die Empörung über das Datenleck bei der Grossbank Credit Suisse (CS) ist im linksgrünen Lager gross. Die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz hält die Enthüllungen für einen «Skandal». Eine Schweizer Grossbank unterstützte mit ihrem Gebaren die Korruption, hofierte Kriegsverbrechern und Kriminellen. «Die CS bringt den ganzen Finanzplatz, ja die Reputation der Schweiz in Verruf.» Munz erhofft sich, dass das Parlament nun aktiv werde. «Der Bund muss sich die geleakten Daten beschaffen und diese unter­suchen. Zudem brauchen die Finma und die Geldwäschereibehörde die richtigen Instrumente, um genau hinschauen zu können.»

Die Nationalrätin fordert auch eine Änderung des Artikels 47 des Bankengesetzes. Laut diesem kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden, wer Informationen über Bankkunden «weiteren Personen offenbart». Der 2015 geschaffene Gesetzesartikel verbietet es Schweizer Journa­­- listen mit geheimen Bankdaten zu arbeiten. «Es muss Journalisten möglich sein, über Steuerhinterziehung zu recherchieren, ohne strafrechtlich verfolgt zu werden», sagt Munz. Genau dies will die grüne Nationalrätin Regula Rytz in einem in der Wirtschaftskommission des Nationalrats gestern eingereichten Vorstoss erreichen.

«Die Suisse Secrets zeigen, dass das Schweizer Parlament und der Finanzplatz die Finanz- und Steuerkriminalität entgegen ihren Versprechungen nicht unterbinden. Umso wichtiger ist es, dass die Medien ihre Rolle als vierte Gewalt wahrnehmen können», sagt Rytz gemäss einer Medienmitteilung der Grünen. Wenig überraschend tönt es auf bürgerlicher Seite zurückhaltender. Der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP) regt sich zwar über die ständigen Skandale auf, die den Schweizer Finanzplatz in Verruf bringen. Gleichzeitig sagt er: «Wir haben Gesetze und Aufsichtsmechanismen in den letzten zehn bis 15 Jahren massiv verschärft.» Er wolle die CS nicht zum Vornherein in Schutz nehmen, aber solche News müssten mit Vorsicht genossen werden. Es gelte, die Vorwürfe zuerst zu verifizieren, zumal es sich offenbar um teils sehr alte Kundendaten handle.

Germann will denn auch eine Kampagne gegen die Grossbank nicht ausschliessen. «Es wäre nicht das erste Mal. Die CS ist gegenwärtig dermassen unter Beschuss, dass mich der Zeitpunkt nicht überrascht. Der macht mich etwas stutzig.» Der Ständerat fragt sich, wer hinter den Leaks steckt. Und mit welchen Interessen. Whistleblower, denen es um Recht und nicht um Bereicherung geht, könnten sich ja an die zuständigen Stellen wenden. «So oder so wird sich nun aber die Finma der Sache annehmen müssen, um rasch Klarheit zu schaffen, ob etwas an den Vorwürfen dran ist oder nicht.»

«Unguter Beigeschmack»

Auch für Beat Walti, FDP-Nationalrat aus Zürich und Mitglied der Wirtschaftskommission des Nationalrats, hat die Geschichte rund um die ge­leakten Daten «einen unguten Beigeschmack». Er sagt: «Wenn man etwas genauer liest, merkt man, dass es – zugespitzt gesagt – um Vergangenheitsbewältigung geht.»

Der Nationalrat meint damit, dass der besagte Datensatz die Jahre 1940 bis 2010 umfasst. «Was ist der Nutzen, wenn diese alten Geschichten ausgegraben werden? Geht es um aktuelle Missstände oder darum, eine Kampagne aufzugleisen?» Es sei klar, dass Banken Gesetze einhalten müssen und Geldwäscherei verboten ist. Und dass dies auch konsequent umgesetzt werden müsse, so Walti. Zum Vorwurf, dass der Artikel 47 die Pressefreiheit beschneide, sagt er: «Das ist eine spezielle Debatte, weil die Medien natürlich Partei sind. Ich verstehe, dass sie keine Limiten beim Gebrauch von Daten möchten.» Es gehe aber bei gestohlenen Daten immer auch um eine illegale Vertraulichkeitsverletzung. Um dies zu rechtfertigen, müsse es schon einen sehr hinreichenden Grund geben. «Und Mutmassungen über 15 Jahre alte Bankkonten sind dafür keiner.» Gegenüber einer allfälligen Revision des Artikels 47 zeigt er sich nicht per se abgeneigt. «Man kann darüber diskutieren, ob das Gesetz zu weit geht.»