Schaffhauser Nachrichten: «Gerade für den Grenzkanton Schaffhausen mit seiner starken Exportwirtschaft ist das Abkommen über die Personenfreizügigkeit enorm wichtig»

EU-Recht Die EU lässt wenig Spielraum zu; die Schweiz will keine automatische Übernahme

von Hannes Germann, Schaffhauser SVP-Ständerat

Brüssel: Die EU drückt aufs Tempo: Der Präsident der EU-Kommission etwa, José Manuel Barroso, will bald Klarheit über den Inhalt eines möglichen Verhandlungspakets sowie ein Mandat des Bundesrats für Verhandlungen über institutionelle Fragen.

«Wir sind heute einen kleinen Schritt weitergekommen, aber alles ist zerbrechlich und schwierig», erklärte Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey gestern am Ende ihres Treffens mit der EU-Spitze. Sie bezog sich dabei auf den bilateralen Weg und vor allem auf die institutionellen Probleme, welche die Beziehungen belasten. Weder Calmy-Rey noch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso haben vor den Medien den Ausdruck «Bilaterale III» in den Mund genommen. Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU benötigten einen neuen Impuls, forderte Barroso, wobei die EU bereit sei für eine «Gesamtsicht» und einen «kohärenteren Ansatz».

Institutionelles hat Vorrang 
Weder Barroso noch Calmy-Rey führten exakt aus, was genau in der «Gesamtsicht» geregelt werden soll. Aus den Ausführungen von Diplomaten aus dem Umfeld von Barroso wurde aber klar, dass die EU bereit scheint, über ein Gesamtpaket zu verhandeln, das auf drei Säulen ruht: sektorielle Dossiers, institutionelle Fragen und Steuerprobleme. Kernpunkt eines solchen Pakets ist gemäss Barroso eindeutig und vorrangig die Lösung der institutionellen Frage. Er erwartet, dass die Bundespräsidentin demnächst ein entsprechendes Mandat des Bundesrats erhält. Calmy-Rey betonte danach in der Schweizer EU-Mission, dass erst abgeklärt werden soll, was in diesem «gesamtheitlichen Ansatz» verhandelt werden soll, bevor der Bundesrat ein Mandat für institutionelle Verhandlungen erteile. Termine wollte sie nicht nennen. Die Kommission drängt dagegen auf Eile und will den Inhalt des Pakets bereits bis Ende März bestimmt haben. Wie das institutionelle Problem aus ihrer Sicht gelöst werden soll, liess sie gestern offen. «Wir haben dafür keine Blaupause», sagte der Diplomat. Offenbar besteht bei der Kommission eine gewisse Flexibilität für Lösungen, die nicht genau dem bisher von der EU favorisierten EWR-Modell entsprechen. Aber die von den EU-Aussenministern im Dezember aufgestellten Forderungen, nämlich die fortlaufende Übernahme des neuen EU-Rechts, einheitliche Auslegung der Abkommen, unabhängige Mechanismen zur Durchsetzung sowie einen Schlichtungsmechanismus, müssten mit dem noch zu findenden Modell gelöst werden, stellte Barroso klar.

Bedenken gross 
Klar scheint auf EU-Seite auch, dass sich die gesuchte institutionelle Lösung in erster Linie auf die Dossiers bezieht, über die momentan verhandelt wird, also insbesondere Strom und Agrarfreihandel. Die Bundespräsidentin pochte ihrerseits darauf, dass die Schweiz nicht automatisch EU-Recht übernehmen will und dass sie bei der Erarbeitung neuen EU-Rechts eine Mitsprachemöglichkeit erhält. Wichtig ist ihr ferner, dass – anders als beim Schengen-Abkommen – eine Lösung gefunden wird, die verhindert, dass bei einer Uneinigkeit das ganze Abkommen dahinfällt. Calmy-Rey betonte, dass eine Lösung nicht einfach sei, weil sie für die Schweizer Bevölkerung sehr sensible Punkte betreffe.