Ein Notfallplan für die angeschlagenen Medienhäuser ist im Bundesrat gescheitert. Der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann schlägt vor, einen Fonds für indirekt von den Corona-Massnahmen betroffene Branchen zu schaffen. Dazu zählten auch die Medien.
Sidonia Küpfer
SCHAFFHAUSEN. Die Schweizer Medien sind im Hoch und im Tief zugleich: In der Leserschaft ist das Interesse für ihre Produkte in Zeiten der Corona-Pandemie gross, gleichzeitig brechen die
Werbeeinnahmen ein. Die schwierige Lage hätte beinahe zu einer Notfall-Geldspritze des Bundes geführt, wie die «Wochenzeitung» (WoZ) letzte Woche berichtete. Doch die Finanzhilfe scheiterte am 1. April im Bundesrat: «Es ist bedauerlich, dass es im Bundesrat nicht zu einer Lösung kam. Wir sind ein wenig ernüchtert», sagt Andreas Häuptli. Er ist Geschäftsführer des Verbandes Schweizer Medien, dem Zusammenschluss privater Medienunternehmen. «Wir setzen nun die Prioritäten auf das medienpolitische Paket, das beschleunigt ins Parlament kommen soll.» Ob der Verband in der für Mai angesetzten Sondersession noch einmal einen Vorstoss für eine schnelle Lösung anregt, ist noch unklar.
Wie die WoZ berichtete, hätte das Notfallpaket Unterstützung in Höhe von 78 Millionen Franken vorgesehen. Tages- und Sonntagszeitungen hätten am meisten davon profitiert. Doch der Bundesrat kam zum Schluss, es sei nicht angezeigt, einzelne Branchen zu retten. Man wolle auf die Mittel von Kurzarbeit und Solidarbürgschaften setzen. Dass Verlage wie die TX Group Kurzarbeit beantragten und gleichzeitig Dividenden ausschütten wollen, soll ebenfalls für Missstimmung gesorgt haben.
Für die Schaffhauser Nationalrätin Martina Munz (SP) ist die Analyse klar: «Die Verlage haben es verbockt. Man kann nicht an der Ausschüttung von Dividenden festhalten und gleichzeitig beim Staat anklopfen.» Für sie führt früher oder später kein Weg an einer direkten Medienförderung vorbei. Die indirekte Presseförderung wie sie heute über einen Beitrag an die Zeitungszustellung geschieht, sei nicht die Zukunft. «Das heisst aber nicht, dass die Medien jetzt nicht auch kurzfristig unterstützt werden müssen», sagt Munz. Dies müsste im Einzelfall geklärt werden. Für sie steht fest: «Kurzarbeit ist für Journalisten nicht das richtige Mittel.» Munz schwebt ein System vor, bei dem sich die Medienhäuser zu Qualitätskriterien für das journalistische Handwerk und zum Service public bekennen. Die Bevölkerung erhielte dann einen Mediengutschein, den man bei einem dieser anerkannten Medien einlösen könnte.
«Ich will keine Staatsmedien»
Doch eine Erhöhung der Presseförderung stösst nicht überall auf Begeisterung. Der Schaffhauser Nationalrat Thomas Hurter (SVP) zählt sich zu den Kritikern: «Das ist ein Festhalten an alten Strukturen. Aber da sind Entwicklungen im Gang, die man nicht mehr aufhalten kann.» Er anerkenne durchaus, dass die Presse eine wichtige Funktion in der Gesellschaft einnehme und die CoronaKrise habe die Situation verschärft. Aber letztlich finde vor allem die Beschleunigung eines Prozesses statt, der schon länger im Gang sei. Hurter spart nicht mit Medienkritik: Besonders in grossen Verlagen stehe das Schnelllebige im Zentrum, es fehle der Berichterstattung an Tiefgang und Zusammenhängen. So müsse man sich nicht wundern, wenn die Leser das Interesse verlieren würden. Direkte Presseförderung wie Munz sie verlangt, ist für Hurter undenkbar: «Ich will keinen Staatsjournalismus.»
Ende April soll nun die neue Vorlage zur Förderung der Medien veröffentlicht werden und in die Kommissionen kommen. Dann könnte das Geschäft in der Sommersession erstmals behandelt werden. Noch hoffen viele Medienhäuser, dass es bestenfalls schon per Januar 2021 in Kraft treten könnte. «Das ist nicht unmöglich», sagt der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP). Er bedauert, dass das 78 Millionen Franken schwere Notpaket nicht zustande gekommen ist: «Gerade in der Krise zeigt sich, welch wichtige und verantwortungsvolle Rolle die Medien in unserer besonderen Demokratie einnehmen.» In der nun anstehenden Vorlage soll die indirekte Presseförderung ausgebaut werden. Das ist für Germann ein erprobter Weg – «bis uns etwas Besseres in den Sinn kommt».
Was aber, wenn nun doch Medienhäuser in Schieflage geraten? Dann sind für Germann Notkredite und à-fonds-perdu-Beiträge angezeigt. Aber statt erst im äussersten Notfall einzugreifen, schlägt er ein weiteres Mittel vor: «Es braucht einen Härtefallfonds.» Germann verweist auf die vielen Personen und Unternehmen, die von den Einschränkungen des Bundesrates indirekt betroffen sind: Ein Caterer, der seine Dienstleistungen zwar anbieten dürfe, der aber keine Aufträge mehr habe. Ein Gemüsegärtner, der seine Ware bisher auf dem Wochenmarkt und in die Restaurants abgesetzt hat. «Auch die Medien gehören zu diesen indirekt Betroffenen», sagt Germann. Gäbe es einen solchen Topf, so könnten die Branchenverbände Anträge um Unterstützung stellen. «Dann hat dieses Land wirklich getan, was es tun konnte, um die Krise zu meistern.»
Der vierte Schaffhauser Parlamentarier, Thomas Minder (parteilos), liess auf Anfrage ausrichten, er habe kein Interesse sich zu äussern.