Bei den Ständeratswahlen ist SVP-Ständerat Hannes Germann problemlos wiedergewählt worden, alle anderen Kandidaten müssen in einen zweiten Wahlgang. Thomas Minder hat nach Germann am meisten Stimmen geholt.
Ein strahlender Thomas Minder hat gestern Nachmittag die Treppenstufen zum Sitzungszimmer im Regierungs-ratsgebäude in Schaffhausen erklommen. Wenige Minuten zuvor hatte der parteilose Neuhauser Unternehmer und Initiant der Abzocker-Initiative das Endresultat der Ständeratswahlen erfahren: Er ist hinter dem komfortabel wiedergewählten Hannes Germann von der SVP auf dem zweiten Platz gelandet. Nur rund 1000 Stimmen trennten ihn vom absoluten Mehr – und damit von einem Sitzgewinn. Christian Heydecker hingegen, der Kandidat der FDP, kam abgeschlagen auf den dritten Platz. Chancenlos blieben der SP-Kandidat Matthias Freivogel und alt Regierungsrat Herbert Bühl von der ÖBS.
Dass Thomas Minder ein beachtenswertes Resultat machen würde, war von vielen Politikbeobachtern vorhergesagt worden. Dass es aber so gut sein würde, war nicht sicher. Minder ist parteilos, weiss keine starke Lobby hinter sich und wurde im Wahlkampf von keinem Verband empfohlen. Aber er ist bekannt, zudem hat er mehr Geld in den Wahlkampf investiert als die anderen Kandidaten. Dies scheint sich nun ausbezahlt zu haben. Für den zweiten Wahlgang ist Minder jedenfalls in einer komfortablen Ausgangslage.
Jeder Zweite wählte Germann
Die Resultate im Detail: Hannes Germann wird unseren Kanton weitere vier Jahre im Stöckli vertreten. Er hat 15 577 Stimmen gemacht. Total wurden rund 31 500 Wahlzettel eingelegt, jeder zweite Wähler hat sich also für Germann entschieden. Somit konnte der Politiker aus Opfertshofen weit über seine politischen Stammlande hinaus Stimmen holen. In jeder Gemeinde hat er sowohl am meisten Stimmen gemacht als auch das absolute Mehr klar übertroffen. Wermutstropfen: Germann hat 1200 Stimmen weniger geholt als bei den letzten Wahlen. Thomas Minder kommt, wie erwähnt, auf den zweiten Platz. Er hat 11 879 Stimmen gemacht. Am erfolgreichsten war er in Buchberg. Dort stand er auf beinahe jedem zweiten Wahlzettel. Zahlenmässig viel wichtiger sind aber die Erfolge in den Grossgemeinden Schaffhausen und Neuhausen, wo Minder nur leicht hinter Germann zurückliegt. Nur in vier kleinen Gemeinden, in Bargen, Beggingen, Oberhallau und Wilchingen, liegt Minder nicht auf dem zweiten Platz. Dort liegt jeweils FDP-Kandidat Christian Heydecker vorne. Dieser hat total 8179 Stimmen geholt. Besonders bitter dürfte sein, dass Heydecker ausgerechnet in seiner Heimatstadt Schaffhausen das schlechteste Resultat aller Kandidaten machte. Sogar Schlusslicht Herbert Bühl hat dort rund 900 Stimmen mehr geholt als Heydecker.
Bühl und Freivogel gleichauf
Bühl (6738 Stimmen) und SP-Kandidat Matthias Freivogel (7141) liegen sehr nah beieinander am Ende des Feldes. In zwei Gemeinden, Hemishofen und Rüdlingen, haben sie die genau gleiche Stimmenzahl erzielt. Auch in Schaffhausen liegen sie weniger als 0,3 Prozent auseinander. Trotz des schlechten Resultats ist für die beiden Tabellenletzten eine Kandidatur im zweiten Wahlgang nicht ausgeschlossen (siehe auch Statements unten).
Das sagt der im Amt bestätigte SVP-Mann Hannes Germann, das sagen die vier weiteren Kandidaten Ohne Schwierigkeiten hat der bisherige SVP-Ständerat Hannes Germann die Wiederwahl geschafft. Er ist zufrieden mit dem Resultat: «Dass es reichen könnte, habe ich mir insgeheim natürlich erhofft. Dass es aber so deutlich reichen würde, hätte ich nicht gedacht. Ich bin überwältigt, dass ich in jeder Gemeinde das höchste Resultat gemacht und überall das absolute Mehr übertroffen habe. Das ist ein deutlicher Vertrauensbeweis, der mich für die weitere Arbeit in den nächsten vier Jahr stärken wird.» Er habe deutlich über den eigenen Stammwählerkreis hinaus Stimmen geholt.
Dass Thomas Minder so gut abgeschnitten hat, erstaunt Germann nicht: «Er hat sich als bürgerlicher Kandidat positioniert, und das hat FDP-Kandidat Christian Heydecker leider viele Stimmen gekostet.» (zge)
Der parteilose Neuhauser Unternehmer Thomas Minder hat das zweitbeste Resultat gemacht und das absolute Mehr um nur rund 1000 Stimmen verpasst. «Ich bin sehr zufrieden mit diesem Resultat», sagte Minder gestern, «das ist toll, und ich danke den Wählerinnen und Wählern.» Minder unterstrich, dass er von keinem einzigen Verband im Kanton unterstützt worden sei. Doch das Volk habe ihn offensichtlich anders eingeschätzt.
Er könne als Parteiloser eben direkter auf Probleme zugehen als ein Parteivertreter. Er sei zwar manchmal etwas ungehobelt, «aber meine Art zu politisieren, ist im Kanton Schaffhausen offenbar gut angekommen.» Für den zweiten Wahlgang hofft er nicht zuletzt, dass die Verbände nun doch noch auf ihn zukommen und ihn zu Hearings einladen. (zge)
Christian Heydecker war angetreten, den Schaffhauser FDP-Sitz im Ständerat zu verteidigen. Der aktuelle Präsident des Kantonsrats liegt aber mehr als 7000 Stimmen hinter SVP-Kandidat Germann und 3700 Stimmen hinter Thomas Minder zurück. «Ich wusste, dass es nicht einfach werden würde», sagte Heydecker gestern. «Thomas Minder ist schweizweit bekannt und hat auch ein gewisses Protestpotenzial angesprochen. Viele Leute stimmten für ihn, weil sie mit den Verhältnissen in Bern oben nicht zufrieden sind.» Er selbst sei ein kantiger Politiker, da ecke man auch an. «Ich hatte immer eine gerade Haltung und habe mich nie verbogen.» Damit sei er bei gewissen Wählern vielleicht nicht so gut angekommen. Im zweiten Wahlgang aber, sagte Heydecker, würden die Karten neu verteilt. (zge)
SP-Kandidat Matthias Freivogel ist auf dem vierten von fünf Plätzen gelandet. Trotzdem ist er nicht enttäuscht: «Das ist ein brauchbares Resultat. Ich habe rund 1000 Stimmen mehr gemacht als die damalige SP-Kandidatin in einem einfacheren Wahlkampf vor vier Jahren. Das lässt Hoffnung zu, und ich bin bereit für einen zweiten Wahlgang.»
Freivogel räumt ein, dass der Abstand zu Thomas Minder erheblich sei. «Wir haben nun aber drei Wochen Zeit, aufzuzeigen, dass es für einen Unabhängigen nicht so einfach ist, in Bern zu politisieren. Vielleicht ist es besser, auf einen Mann zu setzen, der eine ideale Ergänzung ist und von dem man weiss, dass er einen anderen Teil unseres Kantons vertritt, nämlich den links-grünen Teil.» Er selbst setze im zweiten Wahlgang hauptsächlich aus Stimmen aus dem eigenen Lager. (zge)
Alt Regierungsrat Herbert Bühl von der ÖBS hat am wenigsten Stimmen geholt: 6738. «Ich habe in einem Wahlkampf noch nie so wenige Stimmen gemacht», sagte er. «Das ist ein schlechtes Resultat. Ich hatte mir mehr erhofft. Ich bin enttäuscht, ich weiss aber, wie ich mit so einer Niederlage umgehen kann.» Noch kein Thema ist für den Fünftplatzierten ein Rückzug aus dem Wahlkampf. Es sei schwierig, das Resultat einzuordnen. Es könne sein, dass von links-bürgerlicher Seite weniger Stimmen gekommen seien als erwartet. Es könne aber auch sein, dass er linke Stimmen an Matthias Freivogel verloren habe. Das gelte es zu analysieren, dann erst werde man in der ÖBS die nächsten Schritte besprechen. Die Gruppierung kam noch gestern Abend zusammen, über das Resultat ist noch nichts bekannt. (zge)