[Schaffhauser Nachrichten] Germann kontert SVP-Fraktionschef

Die SVP will den AHV-Steuerdeal an den Bundesrat zurückweisen. Während Fraktionschef Thomas Aeschi diese Massnahme verteidigt, übt Ständerat Hannes Germann harsche Kritik an diesem Manöver.

Von Anna Kappeler

Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann . Bild KEY
Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann . Bild KEY
Der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi. Bild KEY
Der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi. Bild KEY

BERN. Die Dringlichkeit der Steuerreform bezweifelt wegen ihrer international verpönten Steuerprivilegien kaum jemand. Bereits im kommenden Frühjahr könnte die EU die Schweiz auf eine schwarze Liste setzen und Sanktionen auslösen. Die Zeit also drängt – und trotzdem hat die SVP-Delegation in der Wirtschaftskommission (WAK) beschlossen, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen (SN von gestern). Dies, nachdem die nationalrätliche WAK mit 12 zu 11 Stimmen beschlossen hat, dem von der Ständeratskommission ausgehandelten AHV-Steuerdeal zuzustimmen. Trägt die SVP, die sich sonst als Wirtschaftspartei rühmt, nun also dazu bei, dass der Rückhalt der Vorlage bröckelt? SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi weist diesen Vorwurf zurück: «Mit unserem Rückweisungsantrag an den Bundesrat wollen wir ein Scheitern der Vorlage eben genau verhindern», sagt er. So, wie die Vorlage jetzt aussehe, würde sie vor dem Volk auf jeden Fall scheitern. «Und wir wollen nicht, dass wir dann – wohl im nächsten Mai – vor einem Scherbenhaufen stehen.»

Rückblende: Die Unternehmenssteuerreform III (USR III) war im Februar 2017 an der Urne gescheitert. Dazu sagt Nationalrat ­Aeschi: «Zur USR III haben nicht nur Linke Nein gesagt, sondern auch viele SVP-Wähler. Sie hatten Angst davor, dass sie höhere Steuern bezahlen müssen.» Die Kantone seien nun in der Pflicht, ihre Steuergesetzrevisionen schnell voranzutreiben, damit diesbezüglich Klarheit herrsche.

«Dazu sagt doch niemand Ja»

Aeschi übt harsche Kritik am AHV-Steuerdeal. Damit würden zwei Vorlagen verknüpft, die nichts miteinander zu tun hätten. «Der Ständerat hat mit seinem Kuhhandelvorschlag zudem falsch gedacht», sagt Aeschi. Die aktuelle Vorlage sei inakzeptabel, das Paket überladen. Das Problem gemäss Aeschi: So würden Privilegien für die Unternehmen abgeschafft – und darüber hinaus bekäme der Stimmbürger durch die Erhöhung der Lohnprozente weniger Lohn: «Dazu sagt doch niemand Ja.»

Die SVP muss sich nun selbst von bürgerlichen Parteien und Vertretern der Wirtschaft den Vorwurf gefallen lassen, sich aus der Verantwortung zu stehlen, weil sie den Deal nicht mittragen will. Auch da widerspricht Aeschi: «Die SVP hat in der nationalrätlichen Wirtschaftskommission unzählige Verbesserungsvorschläge eingebracht. Diese wurden aber alle abgeschmettert.» Da die Mehrheit in der Kommission zu einer Verbesserung nicht Hand geboten habe, sei der Rückweisungsantrag die Konsequenz daraus. «Die SVP macht das, was für die Schweizerinnen und Schweizer richtig ist. Nichts anderes.» Wenn sich die FDP und die CVP nun von der Linken erpressen liessen und ihr noch mehr Zugeständnisse machten, sei dies höchst bedauerlich. «Aber es zeigt nur, dass diese Parteien erpressbar sind.»

Kritik selbst aus der SVP

Kritisiert allerdings wird der Rückweisungsantrag selbst aus der eigenen Reihe. So sagt der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann: «Dieses Hochrisikospiel mache ich nicht mit. Ich bin an einer Lösung interessiert.» Begeistert sei er nie gewesen vom AHV-Steuerdeal, sagt zwar auch Germann. Doch: «Wenn der Deal dabei hilft, eine Mehrheit zu gewinnen, ist er zwar immer noch unschön, aber vertretbar.» Man müsse nun pragmatisch sein. «Das Schlimmste für die internationalen Unternehmen ist Rechtsunsicherheit – deshalb brauchen wir einen Deal.» Alle, von links bis rechts, seien nun in der Pflicht, dem Vorschlag zum Durchbruch zu verhelfen. «Andernfalls müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, dass unser politisches System gescheitert ist. Und das wäre äusserst bedauerlich», sagt Germann.

Kommt ein Referendum?

Ob die SVP allenfalls ein Referendum ergreifen würde gegen den AHV-Steuerdeal, dazu will sich Fraktionschef Aeschi noch nicht in die Karten blicken lassen. Die Vorlage müsse zuerst in den Räten zu Ende beraten werden. Ständerat Germann dagegen warnt schon jetzt ganz klar vor einem Referendum: «Das wäre gar nicht weise. Damit würden wir die Parteipolitik höher gewichten als das Wohl des Landes.»