Schaffhauser Nachrichten: Germann: «Sie sprach so, als ginge sie das Gesagte nichts mehr an»

Aller Augen richteten sich gestern auf Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Bild Key
Aller Augen richteten sich gestern auf Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Bild Key

Viele Parlamentarier haben den Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf erwartet. Die Schaffhauser Vertreter erklären, warum. Und schielen zu den Bundesratswahlen.

Von Anna Kappeler

SCHAFFHAUSEN Etwas haben die Schaffhauser Parlamentarier parteiübergreifend gemeinsam: Sie haben den Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf erwartet. «Kürzlich in einer Kommissionssitzung hat sie sich mit ihrer Körpersprache verraten», sagt Ständerat Hannes Germann (SVP). «Sie sprach so, als ginge sie das Gesagte nichts mehr an. Und das Feuer, das sie sonst immer hat, sah ich nicht mehr.» Auch für Parteikollege Thomas Hurter war der Fall klar. «Als Bundesrat macht man sich doch Gedanken darüber, wie lange man als Vertreter der kleinsten Partei seinen Sitz halten soll oder kann», sagt der Nationalrat.

Während die SVP laut Hurter unabhängig von der Entscheidung von Frau Widmer-Schlumpf auf einen zweiten Bundesratssitz aspiriert, bedauert die SP-Nationalrätin Martina Munz den Rücktritt: «Frau Widmer-Schlumpf stand nach den Wahlen unter einem unglaublichen Druck ­– obwohl sie so kompetent ist.» Dass sich nun aber die Chancen auf einen Schaffhauser Bundesrat verstärkt haben, freut auch Munz. Ob sie die beiden als Bundesratskandidaten gehandelten Herren Germann und Hurter unterstützen wird, weiss sie aber noch nicht. Für Munz – und damit deckt sie sich mit Aussagen ihres Parteichefs Christian Levrat – muss ein Bundesrat dem Kollegialitätsprinzip treu sein, die Bilateralen sichern, die Europäische Menschenrechtskonvention einhalten und das Recht auf Asyl gewährleisten. «Den ersten Punkt erfüllen beide Kandidaten mit Sicherheit, bei den anderen werde ich vor einer Wahl die Positionen der zur Verfügung Stehenden genau anhören.» Diese Kriterien sind Munz wichtiger als ein möglicher Schaffhauser Bundesrat.

«Ostschweizer als Bundesrat»

Germann selbst äusserst sich nicht zu seiner allfälligen Portierung als Bundesratskandidat. «Dass nach dem Rücktritt der Bündnerin Widmer-Schlumpf wieder jemand aus der Ostschweiz gewählt werden muss, ist jedoch klar.» Gute Chancen gibt er seinem Bündner Parteikollegen Heinz Brand. Und fügt doch noch an: «Ich verspüre einen starken Wunsch der Schaffhauser Bevölkerung nach einem Schaffhauser Bundesrat.» Sehr viele Leute würden aktuell auf ihn zukommen. «Das freut mich – auch, dass ich in den Medien als einer der vorderen Kandidaten gehandelt werde –, mehr aber auch nicht», sagt Germann.

Ähnlich klingt es bei Hurter, der zu seiner allfälligen Kandidatur lediglich sagt: «Natürlich werde ich in Schaffhausen hin und wieder auf eine mögliche Bundesratskandidatur angesprochen. Das freut zwar, ist aber irrelevant, da nicht hier, sondern in Bern gewählt wird.» Ständerat Thomas Minder (parteilos) war gestern nicht erreichbar.

Deutliche Worte zum Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf findet der SVP-Parteipräsident Toni Brunner. «Das wird zur Entkrampfung in der Schweizer Politik beitragen. Nun können endlich wieder die drei gemäss Wähleranteil grössten Parteien regieren», sagt er den SN. Das bringe der Schweiz Stabilität. Brunner, von Parteistratege Christoph Blocher gerne als neuer Bundesrat gesehen, dementiert abermals deutlich: «Dass ich Bundesrat werde, steht nicht zur Diskussion.» Andere Kandidaten möchte er nicht kommentieren.

«Auch Chance für BDP»

BDP-Parteipräsident Martin Lan­dolt sieht den Abgang von Eveline Widmer-Schlumpf auch als Chance. «Wir waren in der Vergangenheit oft bloss die Widmer-Schlumpf-Partei», sagt der Glarner Nationalrat der Nachrichtenagentur SDA. Die FDP bedankt sich in einer Medienmitteilung bei Widmer-Schlumpf «für die geleistete Arbeit und ihren Einsatz im Dienste der Schweiz». FDP-Präsident Philipp Müller will nun zwei SVP-Sitze im Bundesrat. Einen allfälligen Kandidaten der Mitte würde er nicht unterstützen.

Die CVP teilte mit, dass der Bundesrat mit dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf eine wichtige Persönlichkeit verliere. Der Rücktritt schaffe «Klarheit in Bezug auf die anstehenden Bundesratswahlen». Auch SP-Chef Christian Levrat will laut SDA nun einen Kandidaten, der den Rechtsstaat respektiert.