Der Ständerat will Gewinne aus dem Nationalbankgold zu zwei Dritteln den Kantonen und zu einem Drittel dem Bund zuleiten.
bern – Rund zwanzig Rednerinnen und Redner meldeten sich am Dienstag in der dreistündigen Golddebatte der Kleinen Kammer zu Wort. Am Ende entschied der von FDP und CVP dominierte Rat zweimal gegen den Nationalrat, wo dank einer seltenen Koalition der grössten Fraktionen SP und SVP Lösungen zu Gunsten der AHV durchgesetzt worden waren.
So möchte der Nationalrat das Vermögen von rund 20 Milliarden aus dem Verkauf der 1300 Tonnen überschüssiger Goldreserven für 30 Jahre erhalten und die Zinsen von jährlich etwa 500 Millionen zu zwei Dritteln an die AHV und zu einem Drittel an die Kantone ausschütten. Auch der Bundesrat stellt sich hinter eine Fondslösung, möchte aber von den Erträgen zwei Drittel den Kantonen und ein Drittel dem Bund zuweisen.
Nicht am Volk vorbei
Gestern entschied sich der Ständerat nun jedoch dafür, das Goldvermögen gleich zu behandeln wie die ordentlichen Nationalbankgewinne. Die 20 Milliarden – und nicht nur die Zinsen – sollen zu zwei Dritteln den Kantonen und zu einem Drittel dem Bund zukommen. Weil dies geltendem Recht entspricht, lehnte der Rat mit 32 zu 9 Stimmen Eintreten auf die Verfassungsvorlage von Bundesrat und Erst-rat ab.
Erfolglos hatte sich eine linke Kommissionsminderheit diesem Beschluss widersetzt. Simonetta Sommaruga (SP/BE) etwa erinnerte an das Versprechen des Bundesrates, dass das Gold dem Volk gehöre und dieses über die Verwendung entscheiden müsse. Mit einem Nein werde die Diskussion um eine bessere Lösung abgewürgt.
Für Eintreten plädierten auch einige Vertreter der SVP, die sich nach dem knappen Scheitern ihrer Goldinitiative weiterhin für eine Berücksichtigung der AHV stark macht. Die meisten SVP-Abgeordneten schlossen sich aber der Kommissionsmehrheit an. Nur Alex Kuprecht (SZ) sagte angesichts der Verteilkämpfe: «Am besten bliebe das Geld wohl im Keller der Nationalbank.»
Volkswillen akzeptiert
Der Schaffhauser Standesvertreter Hannes Germann (SVP) plädierte eindringlich dafür, geltendem Recht, wie es der Antrag der Kommissionsmehrheit vorsieht, zum Durchbruch zu verhelfen. Er bedauerte allerdings, wenn auch nur kurz, dass die von ihm einst unterstützte Goldinitiative beim Volk nicht mehrheitsfähig gewesen sei. Aber er akzeptiere den Volkswillen. Ebenso klar ist für ihn allerdings, dass es keine neuen übergeordneten Gründe gibt, den Kantonen die ihnen zustehenden Mittel vorzuenthalten oder diese in andere Kanäle umzuleiten.
Nicht auf einen Schlag
Kommissionspräsident Eugen David (CVP/SG) ist ebenfalls überzeugt, dass der geltende Verteilschlüssel ohne neue Rechtsgrundlage auch auf den Golderlös anwendbar ist. Die Kantone hätten einen hundertjährigen Anspruch: Es gebe keinen sachlichen Grund, ihnen und dem Bund Geld wegzunehmen, das für die Schuldentilgung und wichtige Staatsaufgaben gebraucht werde.
David sieht durchaus Möglichkeiten, dass die Kantone die ihnen zustehenden 14 Milliarden gleich konsumieren. Sie erhalten bei der Nationalbank aus diesem Grund ein Guthaben, das sie in Tranchen über mehrere Jahre beziehen könnten. Dabei dürfen sie das Guthaben sofort in ihre Bilanz aufnehmen und so die Nettoverschuldung reduzieren.
Vor allem Votantinnen und Votanten der FDP und der CVP teilten die Ansicht der Kommission, dass der Beitrag für die AHV ohnehin unbedeutend wäre. Jede Verknüpfung mit dem Sozialwerk brächte hingegen die Nationalbank unter Druck und würde deren Unabhängigkeit in der Geldpolitik gefährden.
Kein Gegenvorschlag
Noch stärker fiel dieses Argument bei der linken Volksinitiative «Kosa» ins Gewicht, welche die verfügbaren jährlichen Reingewinne der Nationalbank von derzeit rund 2,5 Milliarden bis auf einen fixen Kantonsanteil von einer Milliarde in den AHV-Fonds leiten will. Das Volksbegehren war schon im Erstrat chancenlos gewesen.
Bildlich meinte hier Hannes Germann, statt die AHV über den normalen Budgetweg zu finanzieren, würde symbolisch eine Art «Teufelsbrücke» zwischen der Schweizerischen Nationalbank und der AHV konstruiert. Damit konnte er sich jedoch nicht anfreunden.
Bundesrat Merz erleichtert
Gegen den Antrag der Linken lehnte der Ständerat mit 32 zu 8 Stimmen auch den Gegenvorschlag des Nationalrates ab, der eine hälftige Ausschüttung der Nationalbankgewinne an die Kantone vorsieht. Die Kleine Kammer ist mehr denn je der Meinung, dass bei der Gewinnverteilung am heutigen Schlüssel – zwei Drittel für die Kantone und ein Drittel für den Bund – nicht gerüttelt werden darf.
Bundesrat Hans-Rudolf Merz zeigte sich erleichtert über diesen Entscheid. Für die öffentlichen Haushalte nämlich wäre der neue Schlüssel dramatisch, sagte der Vorsteher des Finanzdepartementes. Der Bund käme dann um ein neues Entlastungsprogramm nicht herum. Beim einmaligen Goldschatz wäre eine Berücksichtigung der AHV laut Merz noch eher vertretbar als bei den wiederkehrenden Gewinnen.
Die Initiative lauert
Das Geschäft geht nun zur Differenzbereinigung zurück in den Nationalrat. Bestätigt dieser das Eintreten auf die Goldvorlage, dann kann der Ständerat allerdings mit einem erneuten Nein die Sache vom Tisch bringen. Das letzte Wort zur Volksinitiative hat auf jeden Fall der Souverän. Mehrere Stimmen im Ständerat warnten deshalb davor, mit unbedachten Entscheiden die Chancen der Initiative zu er-höhen. (sda/wic)