Viel Prominenz und ein Sperrfeuer an Zahlen und Grafiken: Am Donnerstag wurde in Schaffhausen die EU-kritische Kompass-Initiative vorgestellt. Die Redner fürchten sich vor negativen Auswirkungen auf die Schweiz.
Vanessa Buff
SCHAFFHAUSEN. Volksinitiativen erhalten normalerweise keine grosse Aufmerksamkeit, solange sie sich noch im Sammelstadium befinden. Bei der Kompass-Initiative, die erst vor einem Monat lanciert wurde, ist das anders: Auf einer Roadshow durch rund 30 Orte rühren die Initianten derzeit die Werbetrommel für ihr Anliegen; Fernsehen, Radio und Zeitungen berichten fleissig.
Das dürfte einerseits am knackigen Untertitel liegen: «Keine EU-Passivmitgliedschaft». Und andererseits an den Männern, die hinter dem Volksbegehren stehen: drei Multimilliardäre sowie Prominente wie Bernhard Russi und Chris von Rohr.
Abkommen hätte Konsequenzen
Auch in Schaffhausen lockte diese Kombination am Donnerstagabend zahlreiche Interessierte in den Meetingpoint auf dem Herrenacker. Begrüsst wurden sie von TV-Legende Kurt Aeschbacher, der betonte, nicht noch eine späte Politkarriere anstreben zu wollen. Vielmehr stehe er hier als besorgter Bürger, der sich Gedanken mache zum Verhandlungspaket, das derzeit zwischen der Schweiz und der EU diskutiert werde.
Dieses werde zwar «Bilaterale III» genannt, sei aber eigentlich ein Rahmenabkommen, das eine ganz neue Art der Zusammenarbeit mit der EU einzufädeln versuche. «Wir – die Organisation Kompass/Europa – versuchen, auf die Konsequenzen eines solchen Abkommens aufmerksam zu machen.»
Für die Details übergab Aeschbacher das Wort an Urs Wietlisbach, der mit seinen Geschäftspartnern Alfred Gantner und Marcel Erni nicht nur Kompass/Europa ins Leben gerufen, sondern auch die Partners Group Holding AG gegründet hat. Diese kontrolliert an die 100 Unternehmen weltweit, auch in der EU.
Er wisse also, wovon er rede, sagte Wietlisbach, der einen Teil seiner Kindheit und Jugend in Schaffhausen verbracht und bei den Kadetten Handball gespielt hat. «Und wir sind auch nicht gegen die EU. Wir stehen hinter den Bilateralen I und II. Aber mit dem ‹Rahmenabkommen 2.0› soll die Schweiz in eine Passivmitgliedschaft gedrängt werden.» Dies wolle ihre Organisation verhindern.
Mögliche Sanktionen
Was dann folgte, war ein Sperrfeuer aus Zahlen, Grafiken und markigen Zitaten, die den Eindruck erweckten, Kompass/Europa befinde sich bereits im Abstimmungskampf: Die EU sei ein Regulierungs- und Bürokratiemonster, die Schweiz schneide bei den wichtigsten wirtschaftlichen Indikatoren besser ab und sei auch in der Forschung top, während die europäischen Universitäten lediglich «in der Nati B» spielten.
Kurzum: Ein neues Abkommen mache für die Schweiz wirtschaftlich keinen Sinn, und politisch sei es geradezu gefährlich, weil die EU auf eine dynamische Übernahme ihres Rechts dränge. Zwar könne sich die Schweiz dagegen wehren, etwa mit einem Referendum. Das hätte jedoch Sanktionen zur Folge, über die auch noch das Gericht der EU entscheiden würde. «Wie soll ich als Stimmbürger mit diesem Wissen frei abstimmen?» Ständerat Hannes Germann (SVP) sowie Unternehmer Heinrich Fischer, die nach Wietlisbach sprachen, bekräftigten im Grundsatz die Bedenken.
Mit ihrem Volksbegehren wollen die Initianten Gegensteuer geben – und zwar noch bevor die genauen Resultate der Verhandlungen auf dem Tisch liegen. Konkret fordert der Initiativtext, dass der Bund eine «eigenständige Aussenwirtschaftspolitik verfolgt» und dass «völkerrechtliche Verträge, die eine Übernahme wichtiger rechtsetzender Bestimmungen vorsehen», dem obligatorischen Referendum unterstellt werden.
«Wenn Volk und Stände Ja sagen müssen, haben wir schon viel erreicht», sagte Wietlisbach und ermahnte zum Schluss alle Zuhörer, nicht ohne einen ordentlichen Stapel Unterschriftenbögen nach Hause zu gehen.