[Schaffhauser Nachrichten] Grosser Schlagabtausch, der freundlich blieb

Gestern Abend trafen erstmals drei von fünf Kandidierenden für die Schaffhauser Ständeratssitze aufeinander.

Andrea Tedeschi

SCHAFFHAUSEN. Fünf Personen kandidieren für zwei Schaffhauser Ständeratssitze, doch Wahlkampf machten gestern nur drei: Hannes Germann (SVP, bisher) stellte sich den Herausforderern Nina Schärrer (FDP, neu) und Simon Stocker (SP, neu). Thomas Minder (parteilos, bisher) hatte die Einladung zum Wahlauftakt in der Gesellschaftsstube «Zun Kaufleuten» abgelehnt und Lisa Brühlmann (Junge Grüne, neu) bevorzugte es laut Angaben ihrer Partei, auf einer anderen Bühne Theater zu spielen.

Auch ohne die beiden war der Abend sehr munter. Die Einigkeit war klein, der Schlagabtausch gross. Zur Sprache kamen einige der Probleme, die laut CS-Sorgenbarometer die Bevölkerung am meisten beschäftigen: darunter der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine.

Die grösste Debatte gab es jedoch zu anderen Themen und das gleich zu Beginn, nachdem die Moderatoren Robin Blanck, Chefredaktor der «Schaffhauser Nachrichten», und Dario Muffler, Leiter Ressort Kanton, die Kandidierenden in einem Fernsehbeitrag vorgestellt hatten.

Kontroverse um Kinderkrippen

Man erfuhr, Hannes Germann, 67, hat sechs bezahlte Mandate und will ein guter Zuhörer sein. Simon Stocker, 42, sei der bürgerlichste Linke, weil er Wert auf Eigenverantwortung lege. Nina Schärrer, 36, ist sowohl Mitglied beim Rotary Club als auch bei Pro Natura. Dabei stellte sich heraus, dass die politischen Gegner einige Gemeinsamkeiten haben. Germann und Stocker spielen Fussball und stehen beide im Goal. Auch engagieren sich Germann und Schärrer bei der Industrie- und Wirtschaftsvereinigung Schaffhausen (IVS) und beim Hauseigentümerverband Schaffhausen (HEV). Gegenüber dieser Zeitung sagte Schärrer im Februar, sie fühle sich von zwei Männern im Ständerat am rechten Flügel nicht vertreten. Sie wurde gefragt, was sie denn anders mache als Germann. Schärer sagte, sie wolle die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärker fördern als Germann. Die Kinderbetreuung sei zu teuer und das müsse man anders regeln. Worauf Stocker eine Vorlage im Ständerat zur Finanzierung der Kitas kritisierte, die eine Mehrheit abgelehnt hatte. Stattdessen plädierte er für eine finanzielle Aufstockung. Germann entgegnete: «Dafür sind die Kantone zuständig. Soll das jetzt auch noch Bundesaufgabe werden?» Schärrer wollte aber nicht, dass diese Aufgaben alleine den Kantonen zufällt. Es brauche mehr Investment, sagte sie.

Auch bei der Neutralität waren sie sich wenig einig, als Moderator Blanck die These aufstellte, die Schweiz versuche zwar, die Neutralität so gut es geht zu wahren, sie werde aber vielleicht der Nato beitreten müssen. Stocker meinte, die Schweiz müsse ihr Neutralitätsverständnis ändern und sich neu erfinden. Schärrer hielt dagegen. Die Schweiz ergreife weder für die einen noch für die anderen Partei. «Wir setzen uns für die Wahrung des Völkerrechts ein.» Und Germann empfahl, den bisherigen Weg weiterzugehen.

Zu reden gab auch der Konkurs der Credit Suisse, das Alter und der Klimawandel. In einem Einspieler warf FDP-Grossstadtrat Stephan Schlatter Simon Stocker vor, sich grün zu geben, aber früher doch an den Wochenenden nach Berlin geflogen zu sein. Stocker empfand die Frage als persönlicher Angriff. Eine Fernbeziehung mit dem Amt als Stadtrat zu vereinbaren, sei nicht möglich gewesen. Es gäbe Umstände, wo es nicht ohne ginge, aber inzwischen fahre er vor allem Zug.

Natürlich musste sich Germann auch dazu äussern, warum er mit 67 Jahren nochmals für den Ständerat kandidieren wolle. Er ist seit 21 Jahren im Ständerat. Nur die Grüne Maya Graf (BL) ist mit 22 Jahren länger im Parlament. Er mache die Aufgabe gerne, sagte er. Er habe in 21 Jahren keine einzige Sitzung verpasst. «Da gibt es andere Politiker.»

Zwei Frauen und drei Männer kandidieren für den Ständerat: Die Bisherigen Hannes Germann (SVP) und Thomas Minder (parteilos) werden von Nina Schärrer (FDP), Simon Stocker (SP) und Lisa Brühlmann (Junge Grüne) herausgefordert. (ted)