Nur ganz knapp wurde Ueli Maruer gestern zum Nachfolger von Samuel Schmid gewählt. Er versprach den Räten, sich stets im Sinne der Kollegialität zu verhalten und auch die Erwartungen, die an ihn gestellt würden, zu erfüllen.
von Karin Landolt
„Ich weiss, was man von mir erwartet, ich will die Erwartungen erfüllen“, „ich respektiere das Kollegialsystem“ und „ich werde mit aller Kraft alles tun, um für dieses Land nach Lösungen zu suchen“: Mit diesen Worten nimmt Ueli Maurer seine Wahl an. Er dankt für das ihm entgegengebrachte Vertrauen. Doch dieses wird er sich bei der Hälfte des Parlaments erst noch erarbeiten müssen. Denn er hat mit 122 Stimmen exakt die Hürde des absoluten Mehrs geschafft.
Zwei Stunden vorher: Nach der Verabschiedung des abtretenden Bundesrates Samuel Schmid appellieren Linke und Mitteparteien erneut an die SVP und erklären noch einmal das Konkordanzsystem der Schweiz. Noch einmal wird gesagt, das Zweierticket Blocher/Maurer sei ein „Scheinvorschlag“ (Ursula Wyss, SP). Konkordanz bedeute auch, Andersdenkende zu respektieren (Urs Schwaller, CVP). Die vorgeschlagenen Kandidaten würden die Menschenrechte missachten (Therese Frösch, Grüne). Ein Bundesrat habe bei Nichteinhalten der Kollegialität keinen Anspruch auf Wiederwahl (Gabi Huber, FDP).
Die Appelle kommen bei der SVP nicht besonders gut an. Toni Bortoluzzi (ZH) kann sich ein Murren nicht verkneifen. Gabi Huber ist es aber auch, welche die Linken und anderen Nicht-Maurer-Wähler für den Zweiervorschlag der SVP verantwortlich macht, begründet mit dem „schlecht gewählten Wahlmanöver im Dezember 2007“ sprich die Aufstellung von Eveline Widmer-Schlumpf.
Blocher, äh nein, Baader sagt
Vom abwesenden Christoph Blocher ist bereits nach dem ersten Wahlgang nicht mehr die Rede. Er hat 54 der 244 Stimmen geholt und zieht sich, vertreten durch Fraktionschef Kaspar Baader, aus dem Rennen: „Ich bitte Sie“, beginnt Baader, „das heisst, Christoph Blocher bittet Sie“ … Gelächter … „Nein, ich und Herr Blocher bitten Sie, nun Ueli Maurer zu unterstützen“. Und nicht Hansjörg Walter.
Denn auf Anhieb hat der von links und der Mitte unterstützte Fraktionskollege und Bauernverbandspräsident Hansjörg Walter 109 Stimmen geholt (67 gingen an Maurer), im zweiten Wahlgang liegt Walter mit zwei Stimmen voraus (121 zu 119), ohne aber das absolute Mehr zu erreichen. Doch hat Walter, im Wissen, dass er möglicherweise der Sprengkandidat sein wird, schon vor der Verteilung der ersten Wahlzettel die beiden Räte und vor allem seine Partei wissen lassen, dass er die Wahl nicht annehmen werde. Ob es Rita Fuhrer tun würde, die in der Galerie sitzt und das Wahlprozedere aufmerksam mitverfolgt?
Trotz der Versicherung Walters löst das zweite Wahlergebnis Hektik in der SVP aus. Wird Walter jetzt gewählt, müsste die Partei eine weitere Wahlschlappe hinnehmen. Max Binder, Kaspar Baader und Peter Spuhler stecken die Köpfe zusammen, Bruno Zupiger redet auf Walter ein … Maurer steht in der Ecke und gähnt, lächelt jemandem zu. Er scheint der Gelassenste von allen. Doch dann die Überraschung. Im dritten Wahlgang schafft es Ueli Maurer. Erleichterung ist spürbar. Applaus. Maurer schreitet ans Rednerpult und bedankt sich beim Parlament für das entgegengebrachte Vertrauen. Auch seiner Familie gelte sein Dank, so der sechsfache Vater. Diesen werde er ihr dann aber unter vier beziehungsweise sechzehn Augen aussprechen.
Jodeln und Jauchzen
Er trete das Amt mit Freude an, aber auch mit grossem Respekt, sagt er vor der Vereinigten Bundesversammlung. Dann schwört Maurer, flankiert von zwei Ratsweibeln, in Gottes Namen, für die Interessen des Landes einzustehen. Applaus. Die Fraktionskollegen erheben sich, schütteln Maurer begeistert die Hand. Bortoluzzi packt ihn kameradschaftlich am Nacken. Draussen wartet neben Horden von Kameraleuten ein Jodelchörli in traditioneller Kleidung auf den Frischgewählten. Nicht der letzte Juchzer für Bundesrat Maurer ist draussen vor dem Bundeshaus zu hören.