Als Aussenseiter stieg Hannes Germann ins Rennen um den freien Bundesratssitz. Mit Rang drei hinter Ueli Maurer und Adrian Amstutz erzielte er einen Achtungserfolg.
von Adrian Schumacher
«Nein, das nicht», antwortete der Schaffhauser Ständerat gestern mittag auf die Frage, ob er mit einer Nomination durch die SVP-Bundeshausfraktion rechne. «Ich schätze meine Chancen realistisch ein, und primär geht es mir auch gar nicht darum, gewählt zu werden. Schliesslich bin ich vom Profil her auch nicht der geborene VBS-Chef.» Als Alibiübung wollte Germann seine Kandidatur indes nicht verstanden wissen. «Ich biete der Partei eine Alternative an, damit sie auch in Zukunft gegen die politische Mitte hin wählbar bleibt. Denn es ist mir ein enormes Anliegen, dass sich auch die Vertreter der politisch gemässigten Linie in der SVP heimisch fühlen können», erklärte der 52-Jährige. «Dort liegt in Zukunft unser Wachstumspotential, weil wir von allen bürgerlichen Parteien den klarsten und verlässlichsten Kurs fahren. Das wiederum schafft Vertrauen bei der Wirtschaft und beim Volk.» Die zunehmende Orientierung der Partei am rechten politischen Spektrum sei ein «gigantischer Fehler» gewesen, so Germann weiter. Werde dieser Kurs weiter forciert, so drohten der SVP möglicherweise neuerliche Abspaltungen. In den vergangenen Monaten habe die SVP ihre Rolle als Oppositionspartei nicht gefunden. Die Gründe dafür seien einerseits in den personellen Wechseln an der Parteispitze zu suchen, andererseits aber auch in der Tatsache, dass das Parteiprogramm ursprünglich auf eine Regierungsbeteiligung ausgerichtet gewesen sei. «Wenn von heute auf morgen daraus ein Oppositionsprogramm werden soll, ist das nicht glaubwürdig.» Zudem sei das politische System der Schweiz nicht für die Opposition geschaffen. Deshalb müsse die SVP wieder zurück in die Regierungsverantwortung. «Wenn wir wieder in den Bundesrat eingebunden wären, fänden wir auch unseren politischen Kurs wieder besser», ist Germann überzeugt. Dass hierfür sein Name im Sommer von Ueli Maurer ins Spiel gebracht worden sei, habe ihn schon mit Stolz erfüllt, sagt er. «Da müsste man als Politiker lügen, wenn man das Gegenteil behaupten würde.» Allerdings habe zu diesem Zeitpunkt niemand damit gerechnet, dass es schon wenige Monate später zu einer Vakanz im Bundesrat kommen würde. «Für mich kommt dieser Moment zu früh. Aber ich habe mich trotzdem zu einer Kandidatur entschieden, weil ich gespürt habe, dass die Partei jetzt vor einem Richtungsentscheid steht. Weil ich meinen Ansprüchen an die Fraktion auch gerecht werden wollte, fühlte ich mich zur Kandidatur verpflichtet. Schliesslich bringt es nichts, eine Strategie zu formulieren, wenn man am Schluss keine Köpfe präsentieren kann.» Die vielen aufmunternden Reaktionen auf seinen Entscheid hätten ihm gezeigt, dass er richtig gehandelt habe. Die grosse Zahl an Kandidaten sei eine logische Folge des Ausschreibeverfahrens durch die SVP-Parteileitung, aber auch ein Zeichen dafür, dass es in der Partei viele Leute gebe, die das Zeug zum Bundesrat hätten. Nach der Vorberatung des Fraktionsvorstandes vom Dienstag gehe er davon aus, dass die SVP mit einem Zweierticket mit Christoph Blocher und Ueli Maurer ins Bundesratsrennen steige, sagte Germann wenige Minuten vor der Fraktionssitzung. Diese verliess der 52-Jährige nach drei Stunden strahlend. «Ich habe meine Ziele – Zweierticket und eine Alternative für die Partei – erreicht und gehe gestärkt aus dieser Sitzung hervor.» Zuvor hatte er im ersten Wahlgang gemeinsam mit Ueli Maurer, Adrian Amstutz und dem Waadtländer Staatsrat Jean-Claude Mermoud den Cut der Kandidaten überstanden, während höher gehandelte Mitbewerber wie etwa Bruno Zuppiger oder Rita Fuhrer ihre Ambitionen begraben mussten. Angesichts der Mehrheiten hätten er und Mermoud aber auf einen weiteren Wahlgang verzichtet. Der verpassten Nomination trauerte Germann am Abend nicht nach. «Im Moment überwiegt bei mir die Genugtuung über das hervorragende Abschneiden.» Die Entscheidung für Ueli Maurer begrüsste er. Er könne die SVP am besten in ihrer ganzen Breite zusammenhalten, das habe er schon als Parteipräsident gezeigt. Er traue es Maurer zu, den Rollenwechsel hin zum Bundesrat zu vollziehen. Zudem zeige er viel Respekt vor der Aufgabe. «Und das ist sehr wichtig.»