Schaffhauser Nachrichten: Kyoto, nicht neue Steuer als Ziel

Hannes Germann zur Ablehnung des Klimarappens II durch den Nationalrat

Die Politik tut sich schwer mit konkreten und vor allem effizienten Massnahmen zu einem wirksamen Klimaschutz. Der Nationalrat hat sich für den Weg über die Einführung der CO2-Abgabe statt für den Klimarappen II auf fossilen Brennstoffen wie Heizöl oder Kohle ausgesprochen (vgl. SN vom 24. März). Bei den Siegern im Nationalrat (SP, Grüne, CVP) geht im allgemeinen Freudentaumel freilich vergessen, dass mit einer neuen Steuer zunächst einmal die privaten Haushalte und vor allem die Arbeitsplätze in der Wirtschaft stärker belastet werden. Dabei müsste doch das vorrangige Ziel sein, auf die Zielerreichung der Kyoto-Vereinbarung hinzuwirken. So muss man sich fragen: Hat der Nationalrat nicht einfach eine Chance verpasst, mit konkreten Massnahmen – wie sie der Klimarappen II ermöglicht hätte – Nägel mit Köpfen zu machen?

Die Schweiz ratifizierte das Kyoto-Protokoll im Jahr 2003. Zentrales Instrument zur Erfüllung der Kyoto-Verpflichtungen der Schweizer Klimapolitik ist das CO2-Gesetz. Es sieht in erster Linie freiwillige Massnahmen der Wirtschaft zur Reduktion des CO2-Ausstosses vor. Dazu gehört der Klimarappen auf fossilen Treibstoffen (Benzin, Diesel). Erst wenn die Zielerreichung gefährdet ist, kann als Lenkungsmassnahme eine CO2-Abgabe erhoben werden. Während man bei den Treibstoffen noch etwas weiter entfernt ist vom Kyoto-Zielkurs, sieht die Sache bei den Brennstoffen deutlich besser aus. Doch ausgerechnet bei den Heizungen soll nun eine CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen (Heizöl, Kohle) in Höhe von 35 Franken pro Tonne CO2 erzwungen werden.

Dabei wäre der von bürgerlich-liberaler Seite propagierte Klimarappen II ein kurz- und mittelfristig wohl wirksameres Instrument zur Reduktion von CO2-Emissionen. Er könnte rasch umgesetzt werden. Die Einnahmen aus dem Klimarappen II würden zu 100 Prozent zweckgebunden für energetische Sanierungen im inländischen Gebäudebereich und zur Förderung von Grossanlagen (KVA, Ara, Holz etc.) eingesetzt. Und hier liegt ein enormes Energiesparpotenzial. Der Klimarappen II würde konkrete Investitions- und Sanierungsanreize schaffen, die ausschliesslich der Reduktion von CO2 dienen. Statt bei über neun Rappen pro Liter Heizöl, die uns die CO2-Abgabe kosten würde, läge der Klimarappen II in Anbetracht der ohnehin unerträglich hohen Rohölpreise bei eher verkraftbaren 1,6 bis 1,7 Rappen pro Liter Heizöl. Weniger, dafür sofort wirksam!

Der Ölpreis hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Die Lenkungswirkung ist ausgeblieben. Was also sollten da neun zusätzliche Rappen kurzfristig bewirken können? Die Rechnung wird ohne den «Homo oeconomicus» gemacht. Man wechselt eine Ölheizung doch nicht aus, bloss weil der Ölpreis um neun Rappen steigt. Die Mehrheit des Nationalrates setzt also auf eine (zumindest kurz- und mittelfristig) fragwürdige und erst noch teure Lenkungsmassnahme statt auf ein sehr rasch wirksames und für die Steuerzahler erst noch erträgliches Anreizsystem.

Kommt dazu, dass die CO2-Umverteilungsmaschinerie erst noch auf wackligen Beinen steht. Wann nämlich, wie das die Mehrheitsbeschafferin CVP fordert, der Rohölpreis unter 50 Dollar pro Barrel fällt und ob überhaupt jemals wieder, wissen die Götter. Experten gehen davon aus, dass der Rohölpreis längerfristig bei 60 Dollar pro Fass verharren wird. Derweil laufen wir Gefahr, das Kyoto-Ziel zu verfehlen, was die Bundeskasse teuer zu stehen käme. Gegenwärtig kostet die Kompensation von einer Tonne CO2 rund 30 Franken. Das gilt es mit aller Kraft zu verhindern. Nicht nur dem Portemonnaie, der Umwelt und dem Klimaschutz zuliebe, sondern auch im Interesse der Glaubwürdigkeit unseres Landes.