Schaffhauser Nachrichten: Meinungsumschwung bei Agrarfreihandel

Die Landwirtschaftsprotektionisten erringen einen wichtigen Etappensieg im Bundeshaus. Gleich dreimal sagt der Nationalrat Nein zum Agrarfreihandel mit der EU. Das ist zwar nicht das definitive Aus, aber doch eine wichtige Weichenstellung. Vor anderthalb Jahren sprach sich der Nationalrat noch für ein Freihandelsabkommen aus.

Der Thurgauer CVP-Ständerat Philipp Stähelin, der noch am Mittwoch einen ähnlichen Vorstoss im Rat erfolgreich bekämpft hat, schliesst nicht aus, dass sich die CVP-Ständeräte nun gegen den Agrarfreihandel wenden werden. «Den Vorstoss vom Mittwoch haben wir vor allem aus formellen Gründen abgelehnt.» Dieser hätte im Gegensatz zur Motion Darbellay widersinnig in die Kompetenzen des Bundesrates eingegriffen. Stähelins Worte lassen auch den Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann neue Hoffnung schöpfen, nachdem er am Mittwoch im Rat mit seinem Antrag auf Annahme des Vorstosses gegen Stähelin noch klar gescheitert war. «Vielleicht stimmen die CVP-Ständeräte mit uns für die Landwirtschaft, wenn der Vorstoss vom richtigen Absender kommt.»

Meinungsumschwung bei CVP Die gestrigen Entscheide zeigen jedenfalls, dass der Wind gedreht hat. Vor anderthalb Jahren sprach sich der Nationalrat während einer grossen Agrardebatte noch für ein Freihandelsabkommen aus. Zum Meinungsumschwung, insbesondere innerhalb der CVP, haben vor allem die folgenden drei Gründe beigetragen:

Departementswechsel: Bis letzten Herbst war CVP-Bundesrätin Doris Leuthard für das Dossier zuständig. Sie trieb dieses mit Überzeugung voran. Das zwang die CVP praktisch, das Projekt murrend mitzutragen. Mit Leuthards Departementswechsel fiel dieser Druck weg. Nachfolger Johann Schneider-Ammann hat nur noch seine FDP und die SP hinter sich. Wahlkampf: In einem Wahljahr will es sich kaum jemand im bürgerlichen Lager mit der mächtigen Bauernlobby verderben. Das begünstigte den Lagerwechsel der CVP. Stockende WTO-Runde: Ein Freihandelsabkommen mit der EU wurde immer mit dem Argument verkauft, die Doha-Runde der WTO brächte sowieso eine Grenzöffnung für Landwirtschaftsprodukte. Da sei es besser, die Bauern gegenüber der EU sanft und mit Übergangslösungen an den Weltmarkt heranzuführen. Doch mittlerweile zeigt sich immer deutlicher, dass die Doha-Runde wohl scheitern wird. Aus Sicht der Landwirtschaft wird so das Abkommen mit der EU erst recht überflüssig.

Trotzdem ist das Agrarabkommen mit der EU selbst dann nicht vom Tisch, wenn auch der Ständerat allen drei Vorstössen zustimmen sollte. «Der Bundesrat ist frei bei internationalen Verhandlungen», sagt sogar Hansjörg Walter, Präsident des Bauernverbandes und Thurgauer SVP-Nationalrat. Aber er werde die Stellungnahmen des Parlamentes in seine Überlegungen mit einbeziehen. Das ist insofern nur logisch, als am Schluss das Parlament einem konkreten ausgehandelten Abkommen zustimmen muss.