[Schaffhauser Nachrichten] Motion zum „Rahmenabkommen“

Hannes Germann will «keinen Hüftschuss»

Hannes Germann. BILD MDU

Der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP) hat eine Motion zum Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU eingereicht. Er und seine Mitunterzeichner – zu denen auch der Schaffhauser Ständerat Thomas Minder (parteilos) zählt – wollen den den Bundesrat damit beauftragen, dass die offenen Punkte des institutionellen Abkommens mit der EU – das sind staat­liche Beihilfen, Lohnschutzniveaus und Unionsbürgerrichtlinie – im Vertragstext festgehalten werden. Der Bundesrat erwecke den ­Anschein, dass er sich mit unverbindlichen Erklärungen seitens der EU zufriedenstellen lassen könnte, obwohl die notwendige rechtliche Sicherheit bezüglich der drei offenen Punkte nur mittels Anpassungen im Vertragstext selber erreicht werden können, schreibt Germann in der Begründung seines parlamentarischen Vorstosses.

Nachgefragt (Interview vom 17.09.2020)

«Wir wollen etwas Verbindliches»

Das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU steckt nach wie vor in den Verhandlungen. Nun hat Hannes Germann, der Schaffhauser SVP-Ständerat, zusammen mit fünf seiner Ständeratskollegen eine Motion eingereicht. Sie will im Kern, dass die Klärung von drei offenen Punkten im Abkommenstext festgehalten wird.

Herr Germann, was genau fordern Sie vom Bundesrat und warum?

Hannes Germann: Im Nationalrat verlangt die SVP eine Sondersession zum Thema, wie es mit den Beziehungen zur EU weitergehen soll. Das soll auch im Ständerat zur Diskussion gestellt werden. Der Bundesrat soll verbindliche Aussagen machen bezüglich der entscheidenden und noch offenen Fragen zum institutionellen Rahmenabkommen. Darum haben ich und fünf andere Ständeratsmitglieder, unter ihnen befindet sich Thomas Minder, diese Motion eingereicht. Klärungsbedarf gibt es in jedem Fall.

Inwiefern?

Germann: Bei einem Ja zur Begrenzungsinitiative würde das Rahmenabkommen wohl in weite Ferne rücken. Dennoch stellte sich die Frage, wie es weitergehen soll. Ein Nein könnte der Bundesrat hingegen als ­Signal verstehen, das institutionelle Rahmenabkommen Hals über Kopf unter Dach und Fach zu bringen.

Warum wäre das ein Problem?

Germann: In den Verhandlungen um das Rahmenabkommen sind noch drei Punkte offen. Im Einzelnen geht es um die staatlichen Beihilfen, die Gewährleistung des Lohnschutzes und die Unionsbürgerrichtlinie. Die Gefahr besteht, dass der Bundesrat diese Kernfragen unbeantwortet lässt, um das Rahmenabkommen möglichst rasch abzuschliessen. Deswegen wollen wir etwas Verbindliches, das uns Klarheit verschafft. Dazu gehören namentlich die Gewährleistung unseres Lohnschutzes, die Frage der staatlichen Beihilfen und der Ausschluss der Unionsbürgerrichtlinie. Das Parlament im Nacken zu haben, könnte dem Bundesrat bei den Verhandlungen mit der EU sogar den Rücken stärken.

Liegt es nicht gerade am Bundesrat, auch ohne schriftliche Vereinbarung mit mehr Rückgrat in Brüssel aufzutreten?

Germann: Ja, das tut es. Der Bundesrat sollte hart verhandeln. In den Verhandlungen zum Rahmenabkommen ist er aber mehrfach eingeknickt. So etwa durch die Tatsache, dass letztlich der Europäische Gerichtshof bei der Rechtsauslegung das alleinige ­Sagen hätte, was für mich nicht akzeptabel ist.

Warum sollte die EU mitspielen und die Klärung der Streitpunkte ins ­Abkommen schreiben?

Germann: Warum nicht? Es liegt im Interesse der EU, das Rahmenabkommen mit der Schweiz in trockene Tücher zu bringen. Die Schweiz geht in dieser Sache einen Schritt auf die EU zu. Im Unterschied zu uns hat sich Grossbritannien von Brüssel entfernt. Zudem sind wir ein wichtiger Handelspartner. Für die EU sind die offenen Fragen nichts Weltbewegendes. Wenn beispielsweise bei den Kantonalbanken die Staatsgarantie weiterhin besteht, tut das der EU nicht weh.

Bei der Unionsbürgerrichtlinie wird die EU aber auf ihrem Standpunkt beharren, die Schweiz solle die ­Richtlinie wenigstens in Teilen übernehmen. Was sagen Sie?

Germann: Die Schweiz ist kein EU-Mitglied. Warum also sollten wir diese Richtlinie übernehmen? Wenn wir uns darauf einlassen, wäre ein EU-Beitritt der ehrlichere Weg. Es kann nicht sein, dass die Schweiz diese Richtlinie übernimmt und alle Kantone und Gemeinden sich gleichermassen nach Brüssel richten müssen. Jedes Gemeinwesen soll selbst festlegen, ob es beispielsweise das kommunale Wahl- und Stimmrecht für Ausländer einführen will.

Inwiefern wird das Rahmenab­kommen zu einem weiteren Prüfstein für die bilateralen Beziehungen?

Germann: Wir sollten den bilateralen Weg fortsetzen. Zwar funktionieren die Beziehungen mit den USA und mit China auch ohne Rahmenabkommen. Das Verhältnis zur EU erachte ich aber als komplexer und wichtiger für die Schweiz. Darum sollten die Verhandlungen in einer Art und Weise vorankommen, dass am Ende ein mehrheitsfähiges Abkommen vorliegt, das beiden Seiten gleichermassen dient.

Interview: Reto Zanettin