Schaffhauser Nachrichten: Nachgefragt Hannes Germann, Ständerat (SVP/SH)

Sie haben sich in der Sommersession von Anfang an gegen die «Lex USA» gestellt. Ist die jetzige Lösung besser?

Hannes Germann: Das ist schwierig zu beurteilen, da wir das genaue Programm des US-Justizdepartementes (DoJ) im Gegensatz zum Bundesrat immer noch nicht kennen. Das einzig Positive an der Sache ist, dass die 14 mutmasslichen Hauptsünder aus der Kategorie 1 nun zu einer baldigen Lösung kommen können. Dies allerdings zulasten der übrigen Banken, von denen sich die grosse Mehrzahl korrekt verhalten hat.

Hat denn der Bundesrat erfolgreich verhandelt? Ihre Partei wirft ihm ja vor, eingeknickt zu sein.

Germann: Der Bundesrat ist eingeknickt, denn nun droht unter anderem eine Beweislastumkehr: Schweizer Banken, die aufgrund der Nennung auf einer Leaver-Liste oder einer Vermutung vom DoJ angeschwärzt werden, müssen plötzlich ihre Unschuld beweisen. In einem Rechtsstaat ist das völlig inakzeptabel. Der Beschuldigte muss seine Unschuld beweisen oder zahlen, das kann doch nicht sein. Ob und in welchem Ausmass das DoJ aber davon Gebrauch macht, wissen wir noch nicht genau.

Laut Programm werden die Amerikaner keine strafrechtlichen Ermittlungen ge- gen Schweizer Banken vor dem 1. Januar 2014 einreichen – sofern die Schweiz die Banken zur Teilnahme anhalte. Wie viel Spielraum für Willkür hat die US-Justiz?

Germann: Zu viel, denn auch das ist gezielte Einschüchterung. Drohen die USA nämlich konkret mit einer Anklage, bedeutet dies quasi das Aus der betroffenen Bank. Es sei denn, diese ist systemrelevant und muss auf jeden Fall gerettet werden. Ich erinnere an den Fall Wegelin: Die Bank hatte nicht einmal Zeit, ihre allfällige Unschuld zu beweisen, bevor sie de facto tot war.

Die Schweizer Banken müssen den USA akribisch Auskunft über das Offshore-Geschäft geben. Bis auf den Kundenname steht fast alles drin. Zu Recht?

Germann: Es ist Voraussetzung für eine Lösung, dass die 14 strafrechtlich im Fokus stehenden Banken die Anzahl der «Abschleicher» melden dürfen. Wie gesagt, mir schmeckt diese Lösung nicht. Selbstverständlich aber müssen die Banken, die Rechtsverstösse getätigt haben, dafür geradestehen.

Kommen die Banken der Gruppe eins nun nicht besser weg als diejenigen der Gruppe zwei?

Germann: Doch. Und das stört mich. Beim ganzen Vorgehen hat es einen hohen Unrechtsgehalt. Das widerstrebt mir aus rechtlichen Gründen und aus meinem Gerechtigkeitssinn heraus. Bildlich gesprochen: Es kann doch auch nicht sein, dass bei einem Verbrechen der Mörder am Schluss besser wegkommt als der unbedeutende Hehler. Genau darauf läuft es jetzt aber hinaus.

Wie teuer wird das Abkommen Ihrer Meinung nach für den Schweizer Finanzplatz?

Germann: Das weiss ich auch nicht. Nur: Es wird teuer. Der Finanzplatz wird es aber überleben, und auch die einzelnen Banken werden die Bussen prästieren können. Am fairsten wäre eine Globallösung oder Einzellösungen mit einer Einigung zwischen der Bank und dem DoJ gewesen – also ohne staatliche Einmischung.

Interview Anna Kappeler