Schaffhauser Nachrichten: Politische Kontinuität durch sinnvolle Verjüngung

von Walter Joos

Wer rückt im Herbst dieses Jahres anstelle des vor den Sommerferien überraschend verstorbenen Unternehmers Rico E. Wenger als Vertreter des Kantons Schaffhausen in den Ständerat nach? Diese Frage haben die Stimmberechtigten in zwei Wochen anlässlich der kurzfristig angesetzten Ersatzwahl zu beantworten. In dem inzwischen lebhaft gewordenen und auch mit raueren Tönen durchsetzten Wahlkampf stehen sich Hannes Germann als Kandidat der Schweizerischen Volkspartei und Hermann Keller als Exponent der Sozialdemokraten gegenüber. Das geltende Gesetz lässt zwar bei der Wahl des Ständerates – im Gegensatz zur Bestellung des Nationalrates – die Nomination von Bewerbern bis zur letzten Stunde zu. Trotz dieser Tatsache steht jedoch schon heute mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass einer der beiden im Rennen stehenden Kandidaten am 25. August die Hürde des absoluten Mehrs als strahlender Sieger überspringt. Die Möglichkeit eines zweiten Wahlganges ist nach Lage der Dinge äusserst gering. Wer heute also noch nicht weiss, wem er am 25. August den Vorzug geben will, ist darum gut beraten, sich zu einem Entscheid durchzuringen und von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Aus der Sicht der Redaktion geht es beim bevorstehenden Ausstich einerseits um die Zusammensetzung der insgesamt vier Vertreter des Kantons Schaffhausen in den eidgenössischen Räten und andrerseits um die persönliche Haltung der beiden Bewerber zu den wichtigsten politischen Fragen. Wir sind dabei zur festen Überzeugung gelangt, dass es in Bern keiner Verschiebung des politischen Gewichtes zugunsten der Sozialdemokraten bedarf. Die von bürgerlicher Seite angestrebte Verbesserung unserer wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, die Verminderung der steuerlichen Belastung, der Abbau der staatlichen Schulden und die langfristige Sicherung unserer Sozialwerke haben unseres Erachtens – im Interesse der gesamten Bevölkerung – gegenüber dem von linker Seite geforderten weiteren Ausbau des Wohlfahrtsstaates und den damit verbundenen zusätzlichen Belastungen der öffentlichen Hand eindeutig Vorrang. Es wäre zudem falsch, das einzige Mandat der grössten bürgerlichen Partei im Kanton in den eidgenössischen Räten zugunsten einer Doppelvertretung der Linken zu entreissen. Die SP des Kantons Schaffhausen ist mit Hans-Jürg Fehr – er errang sein Mandat im Nationalrat 1999 nur knapp vor Erhard Meister – in Bern ausreichend vertreten. Mit der Wahl von Hannes Germann soll die Reihe der prominenten Standesvertreter der SVP durch eine weitere bodenständige und verlässliche Persönlichkeit aus einer Landgemeinde fortgesetzt werden. Der in Merishausen geborene und aufgewachsene Kandidat ist geradezu prädestiniert, sich für die in der Vergangenheit von Konrad Graf, Ernst Steiner, Bernhard Seiler und Rico E. Wenger in Bern zum Wohle unseres Standes verfochtenen Anliegen einzusetzen. Während Hannes Germann in der Jugend, in seiner beruflichen Tätigkeit und vor allem in seiner politischen Funktion als Gemeindepräsident von Opfertshofen gelernt hat, mit vorhandenen Mitteln haushälterisch umzugehen, lässt Hermann Keller in finanziellen Angelegenheiten das gesunde Augenmass in vielen Fällen vermissen. Verschiedenevon ihm in Regierung und Parlament vertretenen Projekte – Fahrzeugprüfhalle, Labor, Psychiatriezentrum – erwiesen sich als völlig überrissen und mussten zuerst mit viel Aufwand an Zeit und Geld auf ein tragbares Mass zurückgeschraubt werden. Auch beim wiederholten Versuch, die Strassenverkehrssteuern anzuheben, befand sich der sich betont bürgerfreundlich gebende Politiker auf dem falschen Dampfer. Noch im letzten Jahr setzte er sich im Grossen Rat – wider alle politische Vernunft – gegen die überfällige Reduktion der steuerlichen Belastung der natürlichen Personen zur Wehr. Demgegenüber zeigt Hannes Germann wesentlich mehr Sinn für vernünftige Proportionen. Er weiss, dass wir in einer globalisierten Welt das Fuder nicht überladen dürfen. Hannes Germann enthält sich – für einen Vertreter der SVP nicht immer selbstverständlich – populistischer Parolen und hat für soziale Anliegen durchaus ein offenes Ohr. Hauruckpolitik ist ihm fremd. Mit seinen bildungspolitischen Vorstössen zugunsten des vermehrten Einbezuges der englischen Sprache und der modernen Informatik in den Unterricht an der Volksschule offenbarte er vielmehr ein auf die weitere Zukunft ausgerichtes Engagement für die Jugend. Gerade auf nationaler Ebene bedarf es künftig der verstärkten Berücksichtigung der von jüngeren Kräften eingebrachten Perspektiven. Die spezifischen Anliegen der kantonalen Regierung werden durch Peter Briner in Bern bereits ausreichend vertreten. Der Ständerat soll nicht zum Auffangbecken von amtsmüde gewordenen Regierungsräten verkommen.

Die Wählerinnen und Wähler des Kantons Schaffhausen haben Hermann Keller am 27. August 2000 für weitere vier Jahre in den Regierungsrat gewählt. Die damit verbundene Verpflichtung läuft erst am 31. Dezember 2004 ab. Zudem wurden dem heute einzigen Vertreter der SP in der Regierung von der neu formierten Exekutive in der Zwischenzeit wichtige Dossiers zur Erfüllung der im letzten Jahr erarbeiteten strategischen Ziele übertragen. Mit den Vorarbeiten zur Einführung der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung, zur Totalrevision des Personalgesetzes, zur Neuordnung des Besoldungswesens sowie zur Revision des geltenden Steuergesetzes hat Hermann Keller Aufgaben übernommen, deren gewissenhafte Erledigung dem Kanton unter dem Strich den grösseren Nutzen bringen müsste als eine aus parteitaktischen Gründen inszenierte Rochade in den Ständerat. Eine Wahl von Hermann Keller in den Ständerat hätte aufgrund der geltenden Verfassung automatisch sein vorzeitiges Ausscheiden aus der Regierung zur Folge. Bis ein geeigneter Nachfolger gewählt und eingearbeitet wäre, ginge im Rathaus wertvolle Zeit verloren.

Fazit: Die Redaktion empfiehlt den Stimmberechtigten mit Überzeugung, ihren Kollegen Hannes Germann in den Ständerat zu wählen. Er ist ein Garant für eine verantwortungsbewusste und liberale Politik in Wirtschaft und Gesellschaft und verdient aufgrund seiner stets ehrlichen und gradlinigen Haltung das volle Vertrauen der gesamten Bevölkerung unseres Kantons. Seine Wahl sorgt ausserdem durch eine sinnvolle Verjüngung für politische Kontinuität in der Kleinen Kammer.