[Schaffhauser Nachrichten] Ringen um eine Antwort auf die Pestizid-Initiativen

Im Kampf gegen die beiden Pestizid-Initiativen ist das Parlament auf der Zielgraden. In zwei Punkten sind sich Nationalrat und Ständerat jedoch noch uneins. Viel Zeit bleibt aber nicht mehr.

Andrea Tedeschi

«Es geht doch um die Reduktion des Risikos beim Einsatz von Pestiziden. Und jetzt sind wir längst bei den Futtermitteln gelandet.» Hannes Germann Schaffhauser Ständerat (SVP)
«Es geht doch um die Reduktion des Risikos beim Einsatz von Pestiziden. Und jetzt sind wir längst bei den Futtermitteln gelandet.» Hannes Germann Schaffhauser Ständerat (SVP)

BERN/SCHAFFHAUSEN. Um die Trinkwasser- und Pestizid-Initiativen zu bodigen, über die das Stimmvolk im Juni ­abstimmt, ringt das Parlament um die letzten Passagen eines inoffiziellen Ge­genvorschlags. Einen offiziellen Gegenentwurf hatten Bundesrat und Parlament immer abgelehnt. Im Dezember jedoch hatte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative der Wirtschaftskommission des Ständerats überraschend verschärft und zwar so, dass die Bauern gegen die beiden Initiativen mehr in der Hand hätten, als eigentlich beabsichtigt war.

Die Trinkwasser-Initiative fordert, dass nur noch jene Bauern Direktzahlungen bekommen, die auf synthetische Pflanzenschutzmittel verzichten. Die Initiative «für eine Schweiz ohne Pestizide» will synthetische Pestizide ganz verbieten.

Fest steht im Gegenentwurf erstens, dass das Parlament die Risiken von Pestiziden bis 2027 halbieren will. Das steht schon im Aktionsplan Pflanzenschutz, wird nun aber im Gesetz verankert. Nach sieben Jahren kann der Bundesrat einen neuen Absenkpfad definieren. Zweitens soll der Bund eine Zulassung immer dann prüfen, wenn ein Wirkstoff wiederholt und verbreitet mit mehr als 0,1 Mikrogramm pro Liter im Grundwasser nachgewiesen wird.

Eine Runde mehr oder weniger

Nun geht es um die letzten beiden Punkte. Da sind sich Ständerat und Nationalrat noch uneins. Zuerst zur Gülle. Weil Landwirte sehr viel Futter und Dünger importieren, gelangen insbesondere im Mittelland mehr Nährstoffe in die Umwelt, als diese aufzunehmen vermag. Dass die Schweiz mit der Gülle ein Problem hat, ist breit anerkannt. Wie man dieses lösen soll, da gehen die Meinungen dagegen auseinander. Der Vorschlag: Wer Dünger und Futtermittel in Verkehr bringt, soll dem Bund Daten für die Futter- und Düngerlieferungen offenlegen. Der Ständerat war am Mittwoch jedoch dagegen. Als zu bürokratisch kritisierte der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP) diese Erhebung. «Es geht doch um die Reduktion des Risikos beim Einsatz von Pestiziden. Und jetzt sind wir längst bei den Futtermitteln und bei der Nahrung gelandet», sagte er in der Debatte. Dass ohne Einbezug der Futtermittel eine Bilanz gar nicht möglich sei, wie Bundespräsident Guy Parmelin (SVP) betonte, fand jedoch keine Mehrheit. Der Ständerat will weiter gehen und ganz darauf verzichten, die Futterlieferungen offen- zulegen. Eine Mehrheit des Nationalrats hielt jedoch gestern daran fest. «Das Futtermittel, das wir importieren, füllt einen Zug, der 400 Kilometer Länge hat. Er reicht von Genf bis nach Rorschach», sagte der Berner Kilian Baumann (Grüne). «Wenn wir die Nährstoffe senken wollen, müssen wir wissen, wie viele wir senken können.»

Ebenfalls festhalten will der Nationalrat an den sogenannten Zuströmbereichen. Die Kantone sollen dazu verpflichtet werden, in der Umgebung von Grundwassererfassungen für den Einsatz von Pflanzenschutzmittel schärfere Vorgaben zu erlassen. Der Ständerat will zuerst die Kantone und Betroffenen anhören, bevor er den Passus in den ­inoffiziellen Gegenentwurf nimmt. Für Kurt Seiler, Leiter des Interkantonalen Labors in Schaffhausen, ist eine Vernehmlassung des Gesetzes nicht mehr nötig. «Um das Trinkwasser vor lang­lebigen Stoffen besser zu schützen, gibt es keine Alternative, als die Zuström­bereiche in geeigneter Form ins Gesetz aufzunehmen. Da sind sich die Fachleute einig.» Betroffene Kantone hätten diese Lösung angeregt, nachdem sie ­Abbauprodukte von Chlorothalonil im Wasser entdeckt hatten. «Diese Schutzzonen ins Gesetz zu nehmen, dürfte wohl weniger zu diskutieren geben, als wo sie ausgeschieden werden sollen.»

Das ist abzuwarten. Beide Geschäfte gehen zur Differenzbereinigung erneut in den Ständerat.