Ständeratswahl: heute
Hannes Germann, seit einem Jahr Schaffhauser Ständerat, kandidiert für die Schweizerische Volkspartei.
von Beni Gafner
Mit seiner Wahl am 16. September 2002 in den Ständerat hat sich für den regionalpolitisch aktiven Opfertshofener Hannes Germann eine neue Welt aufgetan. Eine faszinierende, die weit ist. Das neue Umfeld ist im Gegensatz zu den unteren, im Land aber nicht minder wichtigen Föderativebenen von assistierender Professionalität gekennzeichnet. Etwa wenn bei der zeitintensiven Kommissionsarbeit ein vollamtliches Sekretariat zur Verfügung steht oder die dienstfertigen Mitarbeiter des Parlamentsbetriebs die Zusammenstellung von Dokumentationen übernehmen. Das erleichtert die Arbeit als Milizler. Dem gegenüber steht ein grosser Zeitaufwand, den der Politiker mit rund 130 Arbeitstagen in seinem ersten Amtsjahr als Schaffhauser Standesvertreter veranschlagt. Kommissions- und Sitzungstage im Plenum einerseits, die Arbeitszeit im stillen Kämmerlein anderseits noch nicht einmal gerechnet. Dass im 46-köpfigen Ständerat wenig «zum Fenster hinaus politisiert wird», gefällt dem Mann vom Reiat. Im Nationalrat kämpfen demgegenüber 200 Mitglieder um Einfluss und Aufmerksamkeit, das hat – fast automatisch – einen anderen Politikstil zur Folge. «Schnapsideen haben im Ständerat keine Chance», sagt Hannes Germann dazu.
Lust auf mehr
Dafür ist der Einfluss in den Kommissionen gross, wenn man es versteht, seine Position geschickt zu vertreten. Dies ist nur möglich, wenn vorher viel Vorbereitungsarbeit im stillen Kämmerlein geleistet wurde. «Dossierfestigkeit» lautet dann das Prädikat, wenn die regelmässig eintreffenden kiloschweren Aktenpakete, die jeden Ständerat zu Hause beglücken, sortiert, studiert und schliesslich beurteilt werden. Der Aufwand ist gross, sagt Germann nüchtern. Und strahlt gleichzeitig aus, dass die Lust auf mehr Ständeratspolitik bei ihm ebenfalls gross ist – mithin neuer Ap-petit mit dem Essen gekommen ist. «Von der Erklärung, ich sei vorab mit Einarbeitungsarbeiten beschäftigt, habe ich nun langsam genug», sagt er. «Diese Phase ist vorbei.»
Germann musste als Newcomer in der laufenden Legislatur in jenen Kommissionen Einsitz nehmen, wo noch ein Platz frei war. Nun freut er sich darauf, dass er im Falle seiner Wiederwahl beim Mischen der Karten von Anfang an dabei ist. Germann will zu Beginn der neuen Amtszeit das Schwergewicht klar auf Finanz- und Wirtschaftspolitik legen. Das bedeutet: Einzug in mindestens eine der beiden prestigeträchtigen Kommissionen, die sich mit den Bundesfinanzen oder der Wirtschaft und den Abgaben befassen.
Niemand hat gewartet
Dass ihm Finanz- und Wirtschaftspolitik behagen, hat er bei seiner Arbeit in der Geschäftsprüfungskommission gemerkt, wo er sich speziell um das Finanz- und das Volkswirtschaftsdepartement zu kümmern hat. Dazu sind Gespräche innerhalb der SVP-Ständeratsgruppe notwendig. Dort gilt, was Germann gleich zu Beginn seiner Tätigkeit in Bern festgestellt hat: «Der Umgang miteinander ist sehr höflich und höchst anständig. Aber eigentlich hat niemand auf dich gewartet.» Es gilt also, sich Respekt zu verschaffen.
Positiv empfindet Germann dabei, dass auch Respekt erfährt, wer eine andere Meinung vertritt, sofern Engagement und Sachkenntnis feststellbar sind. Dies gilt für Germann etwa dann, wenn in der Rechtskommission eine Mehrheit aus erfahrenen Juristen der Volksinitiative zur lebenslänglichen Verwahrung untherapierbarer Sexualstraftäter aus juristischen Gründen skeptisch begegnet, er, Germann, aber für das Volksbegehren eintritt, mit zwar unjuristischer, aber sachlich vertretbarer Argumentation. Die daraus folgende Niederlage war von der Konstellation innerhalb der Rechtskommission her logisch, das persönliche Ansehen nach animierter Diskussion aber nicht kleiner. «Du hast ja eigentlich schon Recht», heisst es dann von Kollegenseite schon mal. Das abschliessend bestimmende Volk besteht zur Mehrheit aus Nichtjuristen, ist sich der Betriebsökonom bewusst, was ihm genügend Mut zur aktiven Mitarbeit im Juristengremium der ständerätlichen Rechtskommission gibt.
Seine frühere journalistische Tätigkeit sei ein Vorteil, weil man dort lerne, den Blick auf das Wesentliche zu lenken. Hilfreich sei in der Praxis auch seine Nebenbeschäftigung als Präsident seiner kleinen Gemeinde im Reiat: «Man merkt dort in vielen Fällen direkt, was zuvor auf höchster Ebene beschlossen wurde.» Und so hat Germann seinen Blickwinkel seit seiner Wahl ins Bundeshaus nicht grundlegend verändert: In seinem Fokus stehen die Gemeinden und sein Kanton.
Hannes Germann, SVP,bisher (seit2002)
Hannes Germann, Jahrgang 1956, wohnt in Opfertshofen, ist ver- heiratet und hat zwei Töchter. Der Lehrer arbeitete nach anfänglicher Lehrtätigkeit bis zu seiner Wahl in den Ständerat am 16. September vergangenen Jahres als Redaktor bei den «Schaffhauser Nachrichten». Berufsbegleitend liess er sich an der Uni Zürich zum Betriebsökonomen ausbilden und absolvierte den Marketinglehrgang HSG. Seit 1997 ist Germann Gemeindepräsident von Opfertshofen, bis 2000 sass er drei Jahre im Kantonsrat, zuvor gehörte er während vier Jahren dem Erziehungsrat an. Für Hannes Germann öffnete sich die Tür zur nationalen Politikebene nach dem überraschenden Tod von SVP-Ständerat Rico E. Wenger. Wie hat der 47-Jährige den Einstieg in den Ständerat erlebt, welches sind seine nächsten persönlichen Ziele? Über diese Fragen unterhielten wir uns in Bern am Rande der laufenden Herbstsession.