An zwei Stellen will die kleine Kammer die finanziellen Unterstützungsprogramme ausweiten. Ebenfalls ins Covid-19-Gesetz aufnehmen will der Ständerat die Aufhebung von Kapazitätsgrenzen in öffentlichen zugänglichen Betrieben.
Reto Zanettin
BERN. In seinem Votum brach der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann (SVP), der als Kommissionssprecher auftrat, eine Lanze für die Kurzarbeitsentschädigungen. Der coronabedingte Arbeitsausfall sei nicht über Entlassungen, sondern mittels Kurzarbeit aufgefangen worden. Das Konzept habe «voll eingeschlagen».
Dennoch gibt es in den Unterstützungsprogrammen zugunsten der Wirtschaft noch Baustellen. Bei zwei hat der Ständerat gestern Hand angelegt. Zum einen ging es um die Erwerbsersatzregelung, die der Bundesrat bis Ende Jahr verlängern wollte. «Wir beantragen Ihnen keine Kredite für diese Massnahmen, denn die gesprochenen Kredite sollten reichen. In Bezug auf den Erwerbsersatz haben Sie 3,1 Milliarden Franken bewilligt. Bisher ist ein gutes Drittel abgeflossen, es reicht also. Es braucht dort nicht mehr Mittel», sagte Finanzminister Ueli Maurer im Ständeratssaal.
Zum anderen sollte die Obergrenze für A-fonds-perdu-Beiträge an professionelle und halbprofessionelle Sportclubs aufgehoben werden. Bislang waren maximal 115 Millionen Franken reserviert. Diesen Höchstbetrag wollte der Bundesrat aus dem Gesetz entfernen, damit er die Massnahmen weiterführen kann, falls sich die Corona-Situation wieder verschlimmert. Gegebenenfalls müsste das Parlament einen Nachtragskredit sprechen.
Die kleine Kammer stimmte mit 45 zu 0 Stimmen für die Gesetzesanpassungen. Somit können die Corona-Hilfen bis Ende Jahr weitergeführt werden – sofern das Covid-19-Gesetz in der Abstimmung vom 13. Juni durchkommt.
Öffnungen im Gesetz
Kontrovers wurde die Debatte zwischenzeitlich dennoch. Die Kommission beantragte dem Ratsplenum, ein Ausstiegsszenario ins Gesetz zu schreiben. Bereits in der Frühlingssession wollte die Wirtschaftskommission des Nationalrates den 22. März als Öffnungsdatum für Restaurants, Kultureinrichtungen, Freizeit- und Sportstätten festlegen. Das Ansinnen scheiterte.
Mit dem gestern diskutierten Antrag sollten öffentlich zugängliche Betriebe, Veranstaltungen und private Zusammenkünfte von Kapazitätsbeschränkungen befreit werden, sobald alle impfwilligen Erwachsenen immunisiert sind.
Aufgrund der aktuellen epidemiologischen Lage und der fortschreitenden Impfkampagne wolle die Kommission mehr Verbindlichkeit schaffen, sagte Germann. «Wir begünstigen die Rückkehr zur Normalität, namentlich in den Bereichen Kultur und Sport.» Die Kommissionsmehrheit sei überzeugt, es gebe nach der Stabilisierungsphase «keinen Grund mehr für irgendwelche Einschränkungen».
Paul Rechsteiner (SP/SG) erwiderte, es würde die Handlungsfähigkeit einschränken, wenn Öffnungsschritte gesetzlich verankert würden. «Wir haben im Moment eine positive epidemiologische Entwicklung. Das ist zu begrüssen. Aber wenn jetzt die indische Variante schlagartig das Bild wieder verschlechtern würde, stünden ausgerechnet die milden Massnahmen der Zugangsbeschränkungen nicht zur Verfügung.» Man müsste dann vielleicht zu härteren Massnahmen greifen, was nicht angemessen wäre.
Der andere St. Galler Ständerat, Benedikt Würth (CVP), wies auf einen Unterschied zur Diskussion vom März um ein konkretes Öffnungsdatum hin. «Wir schreiben hier nichts von Terminen ins Gesetz, sondern wir übernehmen die Überlegung des Bundesrates, der sagt: Wenn wir die impfwillige Bevölkerung erreicht und versorgt haben, dann soll die Normalisierungsphase eintreten.» Als Gesetzgeber solle man diesbezüglich Klarheit schaffen. «Ich glaube, wir müssen jetzt diesen Paradigmenwechsel einleiten. Wir können keine Null-Risiko-Strategie fahren.»
Vergebens intervenierte schliesslich Bundesrat Maurer, indem er auf schwammige Begriffe hinwies. Diese müsse der Bundesrat konkretisieren. Man könne also auf den zusätzlichen Artikel verzichten, da letztlich ohnehin die Regierung entscheiden würde. Anders sah es der Ständerat. Mit 31 zu 14 Stimmen folgte er dem Kommissionsantrag. Ebenfalls gutgeheissen hat die kleine Kammer Ausnahmen für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete. Die Mehrheit sah keinen Grund, diese Personen weiterhin in ihren Freiheiten einzuschränken.
Die Vorlage ist indes noch nicht beschlossene Sache. Voraussichtlich am Montag gelangt sie in den Nationalrat.