[Schaffhauser Nachrichten] Ständerat versenkt Beitritt zu EU-Förderprogramm

Im Frühling hatte der Nationalrat eine Motion der Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz, mit der sie freiwilliges Engagement fördern wollte, knapp angenommen. Nun hat der Ständerat diese aber klar abgelehnt.

Rico Steinemann

«Es wäre wichtig, der Jugend keine Steine für einen Austausch im Ausland in die Wege zu legen.» Martina Munz SP-Nationalrätin

BERN/SCHAFFHAUSEN. Dass es für ihre Motion schwierig werden würde, hatte Martina Munz bereits gewusst. Denn die zuständige Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates hatte an ihrer Sitzung Ende Oktober die Motion der Schaffhauser SP-Nationalrätin deutlich mit 9 zu 3 Stimmen zur Ablehnung beantragt.

Munz’ Vorstoss will das freiwillige Engagement von Jugendlichen fördern. Der Bundesrat solle möglichst rasch Massnahmen treffen, um den Beitritt der Schweiz zum EU-Förderprogramm «European Solidarity Corps» (ESC) ab 2021 zu ermöglichen. Über das ESC können Jugendliche und junge Erwachsene einen freiwilligen Einsatz im Ausland organisieren. Der Nationalrat hatte die Motion im Mai dieses Jahres angenommen. Im Ständerat blieb sie gestern allerdings hängen. Eine deutliche Mehrheit von 26 zu 13 Stimmen folgte dem Antrag der Kommission, die Motion abzulehnen. Munz sagt in einer ersten Reaktion: «Ich habe dieses Resultat erwartet. Etwas enttäuscht bin ich trotzdem. Für die Jugendverbände wäre dieser Vorstoss wichtig gewesen. Ich habe gehofft, dass sie zusammen mit den Jugendorganisationen vielleicht noch etwas erreichen können.» Der Beitritt zum ESC sei ein Jugend- und Mobilitäts­anliegen. Die internationale Bildungsmobilität sei schon eingeschränkt, weil die Schweiz nicht mehr an Erasmus assoziiert sei. «Für den internationalen Austausch ist das ein Rückschritt», sagt Munz.

Beitritt wäre unverhältnismässig

Die ständerätliche Kommission, deren Präsident der Schaffhauser Ständerat Hannes German (SVP) ist, argumentierte unter anderem damit, dass ein Schweizer Beitritt zum ESC unverhältnismässig sei. «Von 2014 bis 2018 haben nur 134 Jugendliche die Unterstützung der Schweiz für Aktivitäten des ESC beansprucht. Gerade einmal 11 davon kamen aus der Schweiz», sagt Germann. Ob man bei derart geringen Zahlen einen Beitritt anstreben müsse, sei daher fraglich.

Bis 2017 gehörte die Schweiz noch Erasmus an, da habe es noch mehr Möglichkeiten gegeben, sagt Munz. Heute, so fügt sie an, bestünden beim Eras­musprogramm hohe Hürden. «Es wäre wichtig, der Jugend keine Steine für einen Austausch im Ausland in die Wege zu legen. Der Bundesrat fördert diesen Austausch nur mit Worten.» Sobald es etwas koste, höre die Förderung aber auf, moniert Munz. Dass seitens der Jugendverbände ein starker Wunsch für den Beitritt zum ESC herrsche, zeige doch, was für ein grosses Anliegen dieser für sie sei. Der Ständerat anerkenne, dass die Förderung von freiwilligem Engagement etwas Wichtiges sei, sagt Germann dazu. Sie geniesse in der Schweiz einen hohen Stellenwert und werde auch unterstützt. «Aber dem ESC muss man deswegen nicht beitreten. Jugendförderung geschieht bereits über das Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG)», so Germann. Über das KJFG würden bereits Jugendaustauschorganisationen unterstützt. «Das scheint uns der richtige Weg.»

Germann betont, dass auch die momentan ungelöste Situation mit dem EU-Forschungsgprogramm «Horizon Europe» und dem Studienaustausch «Erasmus Plus» im Hintergrund eine Rolle spielen. «Diese Programme sind bedeutend wichtiger als das ESC.» Ob Munz in diesem Anliegen nochmals aktiv wird, kann sie derzeit noch nicht sagen. «Ich muss nochmals mit den Jugendverbänden Kontakt aufnehmen. Dann kann ich schauen, ob und was wir weiter machen können. Wir haben ein Problem mit der internationalen Mobilität in der Bildung für die Jugend. Schade, dass ihre Stimme nicht gehört wurde.»