Die Ständeratskommission winkt die ersten neuen Doppelbesteuerungsabkommen nicht einfach durch. Zu gross ist das Misstrauen gegenüber Bundesrat Merz.
von Michael Brunner
Bundesrat Hans-Rudolf Merz stand im vergangenen Jahr fast permanent in der Kritik. Eines hatte er in den Augen vieler Beobachter allerdings sehr gut gemacht: Nachdem die Schweiz versprochen hatte, Amtshilfe auch bei Verdacht auf Steuerhinterziehung zu leisten, gelang es ihm rasch, zahlreiche neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auszuhandeln.
«Da gibt es Klärungsbedarf»
Doch nun bekommt auch diese Erfolgsgeschichte Kratzer. Offenbar hat das Departement von Merz in der Eile nicht immer sehr sorgfältig gearbeitet. So zumindest sieht es die aussenpolitische Kommission des Ständerates. «Da gibt es noch einigen Klärungsbedarf», sagte Kommissionspräsident Eugen David (CVP/SG) zu den ersten fünf neuen DBA (mit den USA, Frankreich, Grossbritannien, Mexiko und Dänemark). Die Kommission will genauer wissen, wie die DBA-Bestimmungen mit dem nationalen Recht zusammengehen. Das Finanzdepartement arbeitet zurzeit an einer Verordnung, um diese Frage zu klären. Diese soll voraussichtlich auf den 1. Oktober in Kraft treten. Die Kommission fordert nun, rasch zu erfahren, wie die Regelungen aussehen sollen. Dabei geht es vor allem um zwei Punkte: Einerseits soll klar sein, was genau ein anderer Staat schon wissen muss, damit die Schweiz Amtshilfe leistet. Andererseits soll verhindert werden, dass die Schweiz Amtshilfe leisten muss, wenn der Anfangsverdacht auf widerrechtlich beschafften Daten basiert.
Vertrauen in Merz gesunken
Das Departement Merz hat nun bis zur nächsten Kommissionssitzung in knapp zwei Wochen Zeit, die Unklarheiten auszuräumen. Ob das gelingt, ist unklar. Denn der Entscheid von gestern zeigt vor allem eines: Das Vertrauen in Bundesrat Merz ist sehr klein geworden. Mündliche Zusicherungen des FDP-Bundesrates genügen insbesondere CVP- und SVP-Politikern nicht mehr. Dem Vernehmen nach soll sich gar Christian Wanner, freisinniger Präsident der kantonalen Finanzdirektorenkonferenz, vor der Kommission kritisch geäussert haben. «Der Bundesrat sagt an einem Tag das, und am nächsten gilt es schon nicht mehr», kritisiert der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann. Und David machte klar, dass das Parlament das Recht habe, sich Zeit zu nehmen und im Notfall auch Nein zu einem Abkommen zu sagen. Trotzdem spricht auch einiges dafür, dass die ersten Abkommen in zwei Wochen durch die Kommission kommen. «Je länger wir zögern, desto stärker gerät die Schweiz international unter Druck», glaubt der Bündner CVP-Ständerat Theo Maissen. Und der Schaffhauser FDP-Ständerat Peter Briner fürchtet vor allem die Reaktion in den USA. «Da ist bald wieder Wahlkampf. Machen wir nicht vorwärts, fordern die ersten Hardliner, die USA sollten ihrerseits das Abkommen nicht unterzeichnen.»